Limes Saxoniae von H.-J. Feldner
Beitrag von Hans-Joachim Feldner, Achterwehr
Der Limes Saxoniae war die zweite wirkliche Staatsgrenze im Land Holstein, sieht man von der nur kurzfristig bestehenden Elbgrenze des Frankenreiches nach der Unterwerfung der Sachsen und ihres Herzogs Widukind ab.
Vorher gab es nur Stammesgrenzen der damals sehr wandernden Stämme. Man überschritt diese Grenzen, wenn die Lebensbedingungen für den Stamm nicht mehr ausreichten, wanderte weiter, erkämpfte sich mit Hilfe der eigenen Götter neuen Lebensraum, sah sich bei Erfolg als tapferer Krieger von den Göttern anerkannt und opferte ihnen.
Weil die nordelbischen Sachsen sich den Franken nicht unterworfen hatten, überschritt Karl der Große die Elbe und besiegte die Nordalbingier mit Hilfe der heidnisch slawischen Abodriten 798 auf dem Suentanafeld bei Bornhöved. Vorübergehend siedelte er die besiegten Nordelbinger im Frankenreich an (z.B. Sachsenhausen bei Frankfurt). Als der Wikingerhäuptling Göttrik auf seine Verhandlungsbitte überhaupt nicht reagierte, erklärte Karl 804 die Eider und die Levensau als Nordgrenze des Frankenreiches. Diese Grenze war zugleich die erste Staatsgrenze in Holstein, schriftlich nach römischem Vorbild verfasst.
Als die Wikinger kämpfend einfielen, ließ Karl die Nordalbingier zurück kehren und einigte sich mit dem Abodritenfürsten Slavomir 810 über eine Grenze zwischen Slawen und Nordalbingiern. Diese Grenze erhielt den Namen „Limes Saxoniae“. Sie wurde die zweite Staatsgrenze auf holsteinischem Gebiet, die Nordostgrenze des Frankenreiches und später des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und reichte von der Elbe bis an die Kieler Förde.
Die sorgfältige Überlieferung dieses geschichtlichen Sachverhalts verdanken wir dem berühmten und anerkannten Kirchenhistoriker Adam von Bremen, verfasst um 1075, offensichtlich von einer alten Urkunde abgeschrieben.
Im Verlauf von rund 330 Jahren hielten sich die Westslawen (Wenden) nicht viel an diese Grenzziehung, wie auch die slawische Ortsnamensgrenze beweist. Besonders, wenn im Deutschen Reich eine politische Auseinandersetzung auftrat und damit eine Schwächung der Reichsgewalt entstand, fielen die Abodriten in Nordelbien ein, zerstörten Dörfer, raubten Nahrungsmittel, verschleppten die zum Christentum bekehrten Sachsen, versklavten sie und opferten sie sogar ihren Göttern in Rethra (östlich der Müritz) oder Kap Arkona (auf Rügen).
Bei dem Streit zwischen Staufern (Kaiser Konrad III. von Hohenstaufen) und Welfen (Herzog Heinrich der Stolze) verlor Graf Adolf II. von Schauenburg seine Grafschaft Holstein für eine Zeit von fünf Jahren an Graf Heinrich von Badewide. Da überfielen 1138 die Slawen Holstein und drangen bis Neumünster vor. Heinrich (von Badewide) besiegte sie mit einem Heer und eroberte Plön (Plune). Im Sommer 1139 trieb ein Overbode des Grafen die Slawen bis nach Fehmarn zurück. Als 1142 Adolf II. seine Grafschaft Holstein zurück erhielt, wurde der eroberte Teil Ostholsteins, genannt Wagrien, politisch – de jure – in die Grafschaft Holstein integriert.
Viele Abodriten waren nach Mecklenburg geflohen. Der Rest wurde in der Region um den Bungsberg angesiedelt. Das menschenarme Land besiedelten gerufene Siedler aus mehreren deutschen Ländern: Holsten, Flamen, Holländer, Friesen, Westfalen und Niedersachsen.
Hier im Holstenland begann damit die deutsche Ostkolonisation.
Literatur:
Hartwig Fiege: Wie Ostholstein und Lauenburg deutsch wurden, 1979
Heinz Willner: Limes Saxoniae, 2011