Anna Constantia Gräfin von Cosel (1680 – 1765)
Die wohl berühmteste Bewohnerin von Gut Depenau war Anna Constantia von Cosel geb. Brockdorff.
Sie wurde am 17. Oktober 1680 auf Gut Depenau als Tochter des Ritters Joachim von Brockdorff und seiner Frau Anna Margarethe Marselis, der Tochter eines reichen Hamburger Kaufmanns geboren. Ihr älterer Bruder Christian Detlev und der 2 Jahre jüngere Joachim wuchsen zusammen mit ihr auf. Die drei Schwestern verstarben schon im frühen Kindesalter.
Anna Constantia erhielt von ihren Eltern eine umfassende Bildung. Sie lernte mehrere Sprachen und bekam Unterricht in Mathematik, antiker Geschichte, und der Bibel. Für eine Frau der Barockzeit war sie ungewöhnlich gebildet. Sie hatte ein ungestümes Temperament, konnte sowohl im Damen- als auch auf dem Herrensattel reiten und liebte die Jagd. Sie lernte Fechten und Pistolen schießen.
Aber nicht nur das: Sie konnte Bier brauen, sowie Branntwein brennen und kannte sich im Umgang mit Kräutern aus.
1694 gaben sie ihre Eltern im Alter von 14 Jahren an den Hof Herzog Christian Albrechts auf Schloss Gottorf. Hier sollte das ungestüme Mädchen die höfische Etikette erlernen.
Als Hoffräulein kam sie im Gefolge dessen Tochter Sophie Amalies an den Hof des Welfenherzogs Anton Ulrich von Braunschweig.
Als Anna Constantia 1702 schwanger wurde, verbannte man sie vom Hof und schickte sie nach Depenau zurück, wo sie ihr erstes Kind gebar. Über den Verbleib dieses Kindes ist nichts bekannt. Am 6. Juni 1703 verheirateten sie ihre Eltern mit dem Geheimen Rat Adolf Magnus von Hoym. Die Eheschließung fand auf Gut Depenau statt. Ihrem Ehemann folgte sie nach Dresden. Hier angekommen, musste sie jedoch feststellen, dass sie den Haushalt mit dessen Mätresse teilen sollte.
Bei einem Brand lernte sie 1704 den sächsischen Kurfürsten August den Starken kennen. Er entbrannte für sie in Liebe, sie jedoch zögerte zuerst, seine Mätresse zu werden, gab dann jedoch bald nach. Ihre unglückliche Ehe mit von Hoym wurde 1706 geschieden. August der Starke verschaffte ihr den erblichen Grafentitel „von Cosel“.
1706 gebar sie dem sächsischen Kurfürsten einen Sohn, der jedoch gleich nach der Geburt verstarb. Am 24.2.1708 wurde die älteste Tochter Augusta Constantia geboren, 1 ½ Jahre später am 22.10.1709 Friederike Alexandra. Um ihrem Geliebten nahe zu sein und ihn nach Polen begleiten zu können, aber auch in Sorge um die Erziehung ihrer Töchter, gab sie die beiden kleinen Mädchen Ende 1709 zu ihren Eltern. Alexandra Friederike war gerade einmal 4 Wochen alt. Sie reisten im Spätherbst mit Großmutter Anna Margrethe von Brockdorff, Amme, Kinderfrau, Magd und französischer Gouvernante mit dem Schiff und per Kutsche nach Depenau, begleitet von einem Hofmarschall.
Hier verbrachten die Töchter des Königs von Polen ihre Kindheit ohne Prunk. Gräfin von Cosel schickte Haus- und Tanzlehrer nach Depenau, ebenso Kleidung und persönliche Dinge für die Mädchen. Im Sommer 1711 besuchte sie ihre Töchter im drückend heißen Holstein, das zudem von der Pest bedroht wurde, die mit den Heeren über ganz Europa verbreitet wurde. Den Eltern von Brockdorff ging es finanziell schlecht, da der dänische König die Abgaben immer weiter erhöhte, das Gut infolge der Dauerfehde ihres Vaters mit seinen Gutsangehörigen wirtschaftlich schlecht lief und seiner vielen Prozesse wegen.
Die Mädchen des polnischen Königs wuchsen zurückgezogen auf, aber dies wurde durch die fürsorgliche Liebe der Großmutter ausgeglichen. Die erste Gouvernante kündigte, weil sie ihr Leben auf Depenau einsam und öde fand. Gräfin Cosel fand eine neue Gouvernante für ihre Töchter, Madame Trugard, eine freundliche Witwe. Sie war auch für das Erlernen der französischen Sprache zuständig.
Am 17.10.1712 schließlich wurde in Dresden ihr Sohn Friedrich August geboren. Ihn ließ sie in Obhut auf ihrem Schloss Pillnitz bei Dresden aufwachsen.
Die politisch gebildete, aber auch streitbare Anna Constantia mischte sich zunehmend in die Politik des sächsischen Kurfürstentums ein, sehr zum Ärger der Minister des Kurfürsten. Als August der Starke die Königswürde in Polen anstrebte, zum katholischen Glauben übertrat und sich eine polnische Mätresse nahm, kam das Aus. Obwohl sie den Kurfürsten neun Jahre begleitet und ihm drei Kinder geboren hatte, wurde sie 1713 von ihm verstoßen.
Sie flüchtete 1715 zu ihrem Vetter nach Berlin, wohl um das schriftliche Heiratsversprechen des Kurfürsten einzufordern, wurde jedoch 1716 nach Sachsen abgeschoben. August der Starke verbannte sie schließlich auf die Burg Stolpen. Um ihre drei Kinder, die er als die seinen legitimiert hatte, kümmerte sich August hingebungsvoll, sein ganzes Leben lang. 1721 hatte er die beiden Mädchen aus Depenau geholt und an den Dresdner Hof gebracht. Hier gingen die kleinen Grafen von Cosel bei ihrem Vater ein und aus, ebenso wie alle anderen 6 legitimierten Kinder seiner zahlreichen Mätressen.
Anna Constantia von Cosel wurde jedoch für 49 Jahre auf Burg Stolpen festgehalten. Bis zum Tod des Kurfürsten im Jahre 1733 wurde sie hermetisch von der Außenwelt abgeschirmt, denn er hatte Sorge, sie könne seinem Ruf schaden. Sein Sohn August III. milderte ihre Haftbedingungen und ließ Besuche zu. Er kümmerte sich um ihre Erbschaftsangelegenheiten und regelte das Vermögen seiner von Coselschen Halbgeschwister.
Auf Burg Stolpen verstarb Anna Constantia verbittert und krank an Leib und Seele am 31. März des Jahres 1765 im Alter von 84 Jahren. Ihr Sohn Friedrich August begrub sie in der Hofkapelle der Burg und legte einen Inschriftstein auf ihr Grab.