Sommerfrische auf Depenau im 1. Weltkrieg
Sobald es in den Sommermonaten in Bonn unerträglich heiß wurde, fuhren Lili und Rudolf, Karoline mit den Kindern, Tochter Lulu und Jenny Martinson auf das Gut nach Depenau. Die reine Landluft tat allen gut, und die Produkte der eigenen Viehhaltung sowie die frischen Gartenerzeugnisse waren eine große Bereicherung des Speisezettels.
Während der Kriegsjahre 1916 bis 1918 waren alle Lebensmittel rationiert, und oft mussten die Menschen Schlange stehen, um die ohnehin schmalen Rationen überhaupt zu bekommen. Da hatten es die Landbewohner allemal besser. Zwar war auch das Leben auf dem Lande hart, da viele Landarbeiter eingezogen waren und die Frauen sich mühen mussten, die Arbeitskraft ihrer Männer zu ersetzen, aber Hunger litt hier niemand, und für die Kleinkinder gab es immer Milch genug.
Rudolf Hammerschmidt inspizierte täglich die Einrichtungen des Gutes und führte fachkundige Gespräche mit seinem Verwalter. Ihn interessierte die Landwirtschaft, während sein 9jähriger Enkel Rudolf, der bei den Rundgängen auf dem Gut manches Mal mit dabei war, nicht das geringste Interesse zeigte. Er hatte sogar Angst vor Pferden, und es stand schon damals fest, dass er das Gut niemals übernehmen würde.
Vor allem für die Kinder gab es noch viele Freuden auf dem schönen Besitz. Leidenschaftlich gern machten sie mit ihrer Mutter Karoline Kahnfahrten auf der Aue (Alte Schwentine), bauten Sandburgen und spielten Krieg mit Pfeil und Bogen.
Die Erwachsenen lasen und musizierten viel. Auch hier gab es einen Bechstein – Flügel. Für Rudolf und Lili Hammerschmidt riefen diese reizvollen Sommermonate Erinnerungen wach an die Zeit, die sie vor mehr als dreißig Jahren auf der idyllischen Datscha in Finnland verlebt hatten.
Karoline, die zur Volksschullehrerin ausgebildet worden war, unterrichtete ihren Ältesten Rudolf in den Grundfächern der zweiten Klasse, und aushilfsweise gab sie Unterricht in der einklassigen Dorfschule, denn Lehrer Schmidt war ebenfalls eingezogen worden.
Lulu und Jenny halfen bei der Getreideernte. Es machte ihnen Spaß, oben auf dem Heuwagen zu thronen, außerdem hatte Jenny den gesamten Federviehpark in ihre Regie übernommen. Jede Arbeitskraft wurde jetzt nötig gebraucht.
Rudolf Hammerschmidt hatte wirklich eine gute Hand bewiesen, als er Anfang des 20. Jahrhunderts (1904) Gut Depenau erwarb. In diesen schweren Kriegszeiten konnte er vielen Menschen helfen.
Auszug aus:
Ursula Salentin und Lieselotte Hammershmidt
Chronik der Villa Hammerschmidt und ihrer Bewohner
Bastei Lübbe