Seezyklus Stolper See

Der Gedichtband von Theresia Künstler

seezyklus vorderseiteEinige der Gedichte sind als Leseprobe auf dieser Webseite eingestellt.

Prolog

Letztens hörte ich im Radio, dass Gedichte von den Deutschen nicht mehr ernst genommen werden. Es liegt wohl an der Beschleunigung des Lebens allgemein, dass man kaum Muße findet, einmal inne zu halten. Häufig bietet nur die Nacht, die Zeit vor dem Einschlafen, den inneren Raum, um einem keimenden Gedicht Platz zu machen, an die Oberfläche zu kommen. Und es ist erst die erzwungene Zeitnahme für den Spaziergang mit dem Hund, dass man sich in Ruhe der Natur aussetzt und ein Keimen des Gedichts, die Gedanken an ein Gedicht, überhaupt möglich werden lässt. Ebenso verhält es sich mit der Aufnahme des Gedichts durch den Leser. Nur die Entschleunigung der Zeit gibt uns die Chance, einen Moment inne zu halten, bewusst, die Gedanken laufen zu lassen, sich einzulassen auf andere, nicht zweckgerichtete Gedanken.

Ich schreibe nun Gedichte an einen See, an einen recht kleinen, unscheinbaren See am westlichen Rand der Holsteinischen Schweiz. Sie richten sich an die Menschen, die an seinem Ufer leben, die oft nicht einmal hinschauen, weil er immer da ist, so unspektakulär da. Doch, würde man eine Webcam installieren und täglich sein Bild aufzeichnen, so würde man erkennen, dass sein Aussehen ständig wechselt, teils dramatisch, teils in Nuancen, im Rhythmus von Tag und Nacht, im Rhythmus der Jahreszeiten, im Wechsel der Wetterlage Tag für Tag.

Entschleunigen Sie sich für einen Moment. Es wartet das Bild von einem See.

 

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