Kinder von einer Granate getötet
nach einer Erzählung von Gertrud Steenbuck
„Es war an einem Sonntag im Mai 1946.
Gertrud, damals 16 Jahre alt, war mit ihrer Schwester Karla auf der Koppel am Stolper See nahe der Depenauer Mühle. Sie sahen die Jungen Helmut Moß (2. Klasse) und Uwe Wern, wie sie dort mit einer Granate herum hantierten. Die Jungen versuchten an die Phosphorstangen im Innern der Granate zu kommen, um damit Feuer zu machen. Beide Mädchen rieten den Jungen, sie sollten es lassen, aber sie hörten nicht auf Gertrud und Karla. Opa und Oma Wern, die Großeltern des 5jährigen Uwe, saßen oben am Waldrand am Weg nach Diekhof auf einer Bank. Auf einmal hörten die Mädchen einen fürchterlichen Knall. Sie warfen sich zu Boden. Alle Erwachsenen liefen sofort zur Stelle des Unglücks. Gertrud und Karla sahen nur kurz die beiden leblosen Körper. Dann wandten sie sich ab. Helmut Moß hatte die Granate sofort getötet. Dem kleinen Uwe Wern, der mit seiner Mutter im Haus des Gemischtwarenhändlers Schmidt am Mühlenberg wohnte, war von einem Splitter ins Herz getroffen worden. Er lief noch ein paar Schritte, dann fiel er tot um. Seine Großeltern mussten das Unglück aus nächster Nähe mit ansehen.“
Gerhard Hansen schrieb dazu:
„1944 wurden wir eingeschult, mein Freund Helmut und ich. Wir beide waren gute Freunde. Helmut war ruhig, blond und hatte blaue Augen. Er war ein hübscher Junge. Der Krieg war vorbei. Familie Moß wohnte gegenüber der Bauernstelle Trede. Ich erinnere mich, dass ich eines Tages zusammen mit Helmut 15 Benzinkanister aus der Schietkuhle, wo Schönbucher damals gebaut hatten, nach Hause geschleppt habe.
Ich war oft dabei, wenn wir die Granaten auseinander genommen haben. Wir klopften das Pulverband aus der Hülse und zündeten es mit einem Brennglas an. Damals lagen überall Granaten herum. An dem Sonntag, als Helmut von der Granate zerrissen wurde, musste ich mit meinem Vater in die Wiese im Stolper Moor, um mit ihm im Torf zu arbeiten. Um 16.00 Uhr gab es einen großen Knall über dem See vom Mühlenberg her. Helmut wurde von der Granate in Stücke gerissen, und der 5 jährige Sohn von Helga Wern, Uwe, vom Mühlenberg bekam einen Splitter der Granate ins Herz. Auch er war gleich tot. Das werde ich nie vergessen. Wenn ich nicht hätte arbeiten müssen, wäre ich bei Helmut gewesen! Dann hätte es mich auch zerrissen.“
Nach dem Unglück wurde die ganze Gegend nach Munition abgesucht, um sie zu vernichten. Wahrscheinlich haben deutsche Truppen kurz vor Ende des Krieges sich der Munition im Stolper See entledigt. Direkt nach der Kapitulation sah man auch überall auf den Feldern alte Uniformen liegen, die von ihren Besitzern in Panik ausgezogen worden waren. Auch Dr. Hinrichsen aus Plön, der Pächter des Wochenendhauses an der Mühle, hatte einige Jahre später auf seiner Forke plötzlich eine Handgranate liegen, als er dabei war, das Schilf an seinem Badeplatz zu entfernen. Leichenblass legte er seinen Fund vorsichtig zur Seite und meldete ihn der Polizei, die die Handgranate entsorgen ließ.