Die Bäckerei Bajorat
Am 21.6.1962 kamen Herbert und Annerose Bajorat aus Eutin – Neudorf mit ihrem 6 jährigen Sohn Holger nach Stolpe und kauften die Bäckerei Brauer in der Dorfstraße 29. Herbert Bajorat hatte in Neukirchen bei Eutin das Bäckerhandwerk gelernt und anschließend in Lübeck seinen Meister abgelegt.
Um die Bäckerei wieder in Schwung zu bekommen, begann Herbert Bajorat sogleich mit seinen Verkaufsfahrten, sowohl im Dorf als auch in den Außenbezirken. Zuerst fuhr er mit dem Milchwagen von Milchmann Meier aus Wankendorf, der sein Geschäft aufgegeben hatte. Die Milch holte er aus der Meierei in Wankendorf. Aus einem Kanister konnte man über einen Zapfhahn die lose Milch in Milchkannen abfüllen. Auch die Sahne wurde aus einer Kanne geschöpft. Sonntagsmorgens lud Bäcker Bajorat Blechkuchen in den Wagen und fuhr über Depenau, Bundhorst und Horst und verkaufte dort den Kuchen für den Nachmittagskaffee.
Der Laden wurde von Herbert Bajorats Frau Annerose geführt, die selbst Verkäuferin gelernt hatte. Sie verkaufte die Backwaren, die ihr Mann in der Frühe in der Backstube hergestellt hatte. Zudem wurden viele weitere Lebensmittel angeboten, vor allem Süßigkeiten für die Kleinen und die Schulkinder, die vor und nach der Schule in den Laden kamen.
Die Öffnungszeiten der Bäckerei waren damals von Montag bis Samstag 7 – 19 Uhr, und am Sonntag 9 – 12 Uhr. Und auch nach Ladenschluss fand sich immer noch der eine oder andere vergessliche Kunde hinten an der Backstube ein.
Später, nachdem die Wankendorfer Meierei geschlossen war, gab es abgepackte Sahne, Milch und Butter aus Leezen. Die Ware wurde morgens um 3 Uhr vor der Backstube auf dem Hof abgestellt.
Während der Schneekatastrophe 1978/79 erhielt Herbert Bajorat eine Sondergenehmigung für das Fahren seines Verkaufswagens. Er belieferte den Spar-Markt, Milchmann Bruhn und Schlachter Hansen. Doch dann fuhr Herbert Bajorat in eine Schneewehe. Beim Herausziehen durch den Bauern ging das Auto kaputt. Die Kunden kamen zu Annerose Bajorat mit Skiern in den Laden gefahren. Zu der Zeit gab es auch öfter Stromausfall. Die Brote gingen nicht richtig auf. So gab es nur plattes Weißbrot zu kaufen. In dieser Ausnahmesituation war das alles nicht so schlimm. Dank seiner Vorräte an Mehl und Hefe schaffte es Bäcker Bajorat, die Bevölkerung während des Schneewinters mit Brot zu versorgen. Erst gegen Ende wurden Mehl und Hefe knapp, aber da war der Schnee schon am Schmelzen.
1987 wurde das 25jährige Bestehen der Dorfbäckerei Bajorat mit einem Platzkonzert des Wankendorfer Blasorchesters gefeiert.
Im Jahr 1990 bestand die Bäckerei von Stolpe, insgesamt und unbemerkt, 100 Jahre lang.
1996 erkrankte Herbert Bajorat schwer. Am 1. Juli 1996 wurde die Bäckerei geschlossen und nicht wieder eröffnet. Bäckermeister Herbert Bajorat verstarb am 2. Juli 1997. Bei seiner Beerdigung konnte die Kirche die Zahl der Trauergäste kaum fassen.