Weber Claus Hinrich Schlüter

von Gerhard Schlüter

Mein Großvater Claus Hinrich Schlüter wurde am 7. Mai 1845 geboren. Seine Eltern waren der Inste Asmus Friedrich Schlüter und Johanna Dorothea Christine Riecken.

Am 14. Dezember 1873 heiratete Claus Schlüter Anna Catharina Magdalena Wellendorf von Kuhlrade. Getraut wurden sie in der Kirche zu Bornhöved.

Weber Schlüter Heiratsberg
Weber Claus Hinrich Schlüter mit Frau Anna und Sohn Adolf auf dem Heiratsberg – vor dem 1. Weltkrieg

Im Jahre 1880, am 20. April, ersteigerte Claus Schlüter eine auf dem Heiratsberg in Stolpe gelegene Superficieskate von der Dorfherrschaft Stolpe. (Superficies bedeutet, Oberfläche, Gebäude, im Gegensatz von Grund und Boden.) Kaufen konnte Claus Schlüter also nur die Kate, während der Grund und Boden weiterhin im Besitz der Gutsherrschaft war. In diesem Fall war es die Gutsherrschaft von Perdoel, die nach dem Konkurs von Depenau in den Besitz der Dörfer Stolpe und Depenau gekommen war. (siehe unter Historie – Neuzeit – Die Zeit der Dorfherrschaft)

Superficieskathe von G. Schlüter
Die Superficieskathe auf dem Heiratsberg von Gerhard Schlüter

In dem Vertrag über den Kauf der Kate hieß es einleitend:

„Nachdem der Weber Claus Schlüter in Stolpe bei der am 12. Dezember abgehaltenen Licitation die dem verstorbenen Drechsler Joachim Schlüter in Stolpe gehörende Superficieskate in Stolpe für die zu höchst gebotene Summe von 200 M. erstanden … wird demselben das gedachte Gewese hierdurch zum freien und ungehinderten Eigentum gerichtlich adjudicirt.“

Die Urkunde wurde am 20. April 1880 ausgefertigt. Am 21. Juli 1882 konnte Claus Schlüter zum Preis von 235,50 M. auch den Grund und Boden erwerben.

Ein gutes Jahr später, am 22. Dezember 1883, kaufte unser Großvater von dem Sattler Friedrich Lucht und dem Schuhmacher Wilhelm Prieß noch eine Wiesenparzelle am Stolper See.

Neben dem etwa 1500 m² großen Grundstück auf dem Heiratsberg in Stolpe mit der Strohdachkate und dem Garten und der um 900 m² großen Wiesenparzelle am Stolper See besaß unser Großvater auch noch eine Ackerparzelle auf dem Kamp in Stolpe, einem Gelände zwischen der Straße von Stolpe nach Wankendorf und dem Moorredder gelegen. Heute ist dieses Areal mit Siedlungshäusern bebaut (Kampstraße und Auf dem Kamp).

Zu damaliger Zeit besaßen fast alle eingesessenen Stolper Familien, soweit sie keine Bauern waren, auf dem Kamp eine Ackerparzelle. Wahrscheinlich stammte dieses Besitzrecht noch aus der Zeit, als die Stolper Insten Leibeigene der Gutsherrschaft waren.

Karte Heiratsberg
Die Karte vom Heiratsberg: 60 ist die Kate des Webers

Mit dem Besitz von Garten, Kamp und Wiese war damals für Großvater Schlüter die Versorgung der Familie mit den Grundnahrungsmitteln weitgehend gesichert. Im Garten wurde Feingemüse angebaut, wie Erbsen, Bohnen, Karotten, Gurken, Kohl u.a., dazu Frühkartoffeln. Am Haus und im Garten standen Apfel-, Birnen-, Kirsch- und Pflaumenbäume, sowie Johannis- und Stachelbeersträucher.

Der Acker auf dem Kamp wurde mit Einkellerungskartoffeln, Steckrüben und Runkelrüben bestellt, und die Wiese am See lieferte das Heu für die Winterfütterung der zwei Ziegen.

Auf dem Hof wurden Hühner gehalten und im Stall meist zwei Schweine gemästet. Eines wurde im Winter für den Hausbedarf hausgeschlachtet, und das zweite wurde verkauft. Der Erlös deckte in etwa die Kosten für das Futterschrot.

Das Fleisch aus der Schlachtung wurde zur Vorratshaltung zum größten Teil eingepökelt. Schinken, Speckseiten und Würste brachte man zum Räuchern in die Stührwoldt‘sche Räucherkate auf dem Kielerkamp. Hier hingen die Kostbarkeiten in der großen Diele an den Balken unter der Decke, während der Rauch vom offenen Herdfeuer an ihnen vorbei zur großen Tür hinaus ins Freie zog.

Zur Versorgung mit Milch hielten die Großeltern zwei Ziegen (die Kuh des kleinen Mannes). Tagsüber wurden die Tiere zum Grasen an Wegrändern angepflockt und zur Nacht in den Stall geholt.

Weber Kate - Zeichnung
Die Weber Kate mit Garten- Zeichnung von G. Schlüter

Noch aus meiner frühesten Kindheit erinnere ich, dass auch die Eltern, die nach dem Tod der Großeltern in dem Strohdachhaus wohnten, zwei Ziegen im Stall hatten. Auch sonst wurden im Ort noch viele Ziegen gehalten. Einen Ziegenbock hatte der alte Schlachter Gehrken im Moorredder im Stall stehen.

Während die Ziegen in den 20er Jahren nach und nach aus dem Bild ländlichen Lebens verschwanden, hat sich die Hausmast von Schweinen und die Hausschlachtung noch etwa bis zur Währungsreform 1948 gehalten.

Großvater Schlüter war von Beruf Weber. Der Umstand, dass auch sein Onkel Hans Hinrich, ein Bruder seines Vaters, Weber in Stolpe war, hat sicher diese Berufswahl beeinflusst. In der von ihm gekauften Kate auf dem Heiratsberg ging er seinem Gewerbe nach.

In der linken Hälfte des Hauses lag die Wohnung mit Küche, Wohnstube und Schlafkammern. In der anderen Hälfte war die Webstube mit dem Handwebstuhl und allem Zubehör, wie Schiffchen, Garnspulen usw. Der Fußboden in der Werkstatt bestand aus gestampftem Lehm.

Großvater arbeitete für eine Firma in Preetz in Lohnarbeit. Diese lieferte ihm die Garne, die zu Fuß aus Preetz geholt werden mussten. So gute Verkehrsmöglichkeiten wie in heutiger Zeit gab es damals nicht. Die Garne wurden zu Beiderwand verwebt, ein damals sehr viel verwendeter Stoff. Beiderwand ist ein Gewebe aus Leinen oder Wolle, gestreift oder kariert und wurde hauptsächlich für Bekleidung verarbeitet. Die fertigen Stoffballen mussten dann ebenso mühsam wieder nach Preetz gebracht werden.

Handweber um 1830

Um den Erlös aus der Weberei etwas aufzubessern, arbeiteten Claus und Catharina Schlüter im Sommer und Herbst auf den Gütern und halfen beim Einbringen der Ernte.

Wie unser Vater erzählte, taten sich zu diesem Zweck mehrere Bewohner des Dorfes zusammen und übernahmen es, auf den großen Gütern Ostholsteins für einen ausgehandelten Betrag das Getreide auf bestimmten Schlägen (Feldern) zu mähen, zu binden und zu Hocken aufzustellen. Von den Männern wurde das Korn mit der Sense geschnitten, während die Frauen das Mähgut zu Garben banden und diese in Hocken aufstellten.

Geschlafen wurde auf den Gütern in der Scheune auf einem Strohlager. Oft war die Kolonne 8 bis 14 Tage und länger von zuhause fort. Die Kinder wurden während dieser Zeit bei „Onkeln und Tanten“ im Ort verteilt untergebracht und von diesen versorgt. War die Kolonne längere Zeit fort, kam schon mal einer von ihnen zurück ins Dorf, um nachzuschauen, ob alles gut läuft und ob es Probleme mit den Kindern gab.

Es war schon ein hartes Leben, das die Großeltern führten, und ihr Tag war lang, ob nun während der Ernte auf den Gütern oder daheim in Haus und Hof und Garten.

Claus Schlüter und Anna Catharine hatten 6 Kinder, 5 Jungen und ein Mädchen.

Hermann August, Asmus Heinrich, Heinrich Asmus starben jung. Johannes Matthias, Meta Maria Dorothea und unser Vater  Claus Adolf haben ihre Eltern überlebt.

Steen-Kate um 1940
Die Kate um 1940

Unser Großvater Claus Hinrich Schlüter starb am 14. März 1920 in Stolpe. Unsere Großmutter war schon am 27.1.1917 an Magenkrebs gestorben. Die alte Kate auf dem Heiratsberg erbte ihr Sohn, unser Vater, der hier bis 1927 sein Sattler- und Tapeziergeschäft betrieb.

 

Gerhard Schlüter ist der ältere Bruder von Carl-Heinz Schlüter, dem ältesten Einwohner Stolpes. Gerhard Schlüter verstarb am 27.1.2007.

 

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