Kriegsgefangenenlager in der Ziegelei Stolpe

Um 1941/42 wurde in der Ziegelei ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet. Vor allem russische und weißrussische Kriegsgefangene waren hier in einem Steinschuppen untergebracht.

Die russischen Kriegsgefangenen wurden mit der Kleinbahn zu ihren Einsatzstellen gebracht. Sie mussten 10 Stunden am Tag arbeiten und wurden von der deutschen Wehrmacht bewacht. Einige von ihnen blieben im Lager und kochten.

Busse-Haus mit Gleisen
Busse-Haus mit Gleisen der Kleinbahn Kiel – Segeberg

Hans Busse ließ neben dem Lager ein zwei Meter tiefes Loch graben, das mit Ziegelsteinen ausgemauert wurde. Er kaufte bei den Bauern Weißkohl ein, ließ ihn von den Gefangenen zurechtschneiden und lagerte den geschnittenen Weißkohl in der Grube ein. Die Gefangenen stampften mit nackten Füßen das Kraut, das so zu Sauerkraut für den Winter verarbeitet wurde.

Untersuchung über die Gefängnisse und die fragwürdigen Lager

vom Bureau des victimes de la guerre in Brüssel (Büro der Opfer des Krieges)

 

  1. A.   Das Lager:

– genaue Bezeichnung:   Lager Ziegelei

– geografische Lage:  Stolpe, Kreis Plön, Schleswig-Holstein

– Art des Unterkunft:  Steinhaus

– das Lager war in einer Fabrik, in einer Ziegelei

– das Lager war mit Stacheldraht gesichert

– es wurde mit Wächtern bewacht

– die Bewachung war rund um die Uhr

– die Bewacher waren Angehörige der Wehrmacht

– sie waren bewaffnet

 

  1. B.   Der Gefangene:

–        bewahrte seine militärische Uniform

–        trug keine Personenidentifikationsnummer

–        wurde nicht misshandelt

 

  1. C.   Verwaltung:

–        aufstehen um 6.00 Uhr, 8 bis 10 Stunden Arbeit jeden Tag

–        die Arbeit war außerhalb des Lagers

–        der Arbeitsort wurde per Zug erreicht

–        die Gefangenen wurden eskortiert

–        sie verrichteten gleiche Arbeiten  (beblayement)

–        die Arbeit wurde von Soldaten überwacht

–        keine Bezahlung

–        keine Sonntagsarbeit

–        die Gefangenen durften sich nicht außerhalb des Lagers aufhalten oder spazieren gehen am Abend oder am Sonntag

–        sie hatten keine Ausweise

 

  1. Nach gesammelten Hinweisen:

–        es haben sich 70 bis 90 Personen im Lager aufgehalten

–        Nationalität: russisch

–        Häftling oder Arbeiter?  Kriegsgefangener  (PG) . PG – Prisionier guerre

–        Offizieller Name des Lagers: Kriegsgefangenenlager Stolpe

–        Gebräuchlicher Name in der Umgebung: Kriegsgefangenenlager

–        Keine Belgier interniert

Drei russische Kriegsgefangene erschossen

nach einem Bericht von Ilse Bünzen geb. Bruhn

Beim Angriff der englischen Tiefflieger am 21. April 1944 auf den Stolper Kleinbahnhof wurden nach Aussage von Ilse Bünzen geb. Bruhn drei russische Kriegsgefangene erschossen. Die Flugzeuge flogen über die Pfeifenkopfskate an, so tief, dass Ilse die flatternden Lederklappen der Fliegermützen sehen konnte. Adolf Bruhn, ihr Vater, saß auf dem Traktor und pflügte die zum Hof Holm (heute Kräuterpark) gehörenden Felder nahe der heutigen Autobahnabfahrt. Die englischen Flieger  flogen über ihn hinweg, nahmen ihn aber nicht zur Kenntnis.

Ilse Bünzen erinnert sich noch genau an den Tag, als die Särge der drei getöteten Russen bei Sonnenuntergang an der Pfeifenkopfskate (heute Am Pfeifenkopf 5) vorüber getragen wurden. Die Särge waren mit weißen Tüchern bedeckt. Sie wurden von jeweils 6 Kriegsgefangenen feierlich getragen. Die Soldaten der Wehrmacht, die zur Bewachung der Kriegsgefangenen eingesetzt waren, liefen mit über die Schulter gehängtem  Maschinengewehr daneben her.

 

10 Offiziere von Marschall Badoglio in der Stolper Ziegelei

Pietro Badoglio 1921
Marschall Pietro Badoglio 1921

Als am 25. Juli 1943 die Italiener ihren Diktator Benito Mussolini absetzten und sich unter dem Marschall Badoglio an die Seite der Alliierten gegen Hitler-Deutschland stellten, gaben die Deutschen ihren Ex-Waffenbrüdern zwei Alternativen: in Gefangenschaft zu gehen oder auf deutscher Seite weiter zu kämpfen. So gingen 600 000 Männer, also zwei Drittel der 900 000 Mann starken italienischen Truppen, in Gefangenschaft. In der Hierarchie der Lager war deren Stellung häufig noch schlimmer als die der sowjetischen Gefangenen. Sie galten doch den einen noch als Feinde, den anderen schon als Verräter. Als dann den Südeuropäern auch noch der Status der Kriegsgefangenen aberkannt wurde, stuften die Deutschen sie als Militärinternierte ein.

Die in Stolpe internierten italienischen Offiziere im Kriegsgefangenenlager Ziegelei mussten nicht arbeiten und konnten sich in Stolpe frei bewegen. Einer der Italiener kam täglich mit Frau Busse zum Kolonialwarenladen Endelmann in der Dorfstraße und kaufte dort sein Brot.

Bozen - entwaffnete Badoglio Einheiten
Entwaffnete Badoglio Einheiten

Die italienischen Internierten wohnten im Arbeiterwohnhaus der Ziegelei ganz rechts oben im ersten Stock. Sie bewohnten dort drei Räume.

 

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