Die Gärtnerei Steenhoek
1913 wurde die halbe Koppel neben dem alten Spritzenhaus an einen Gärtner Möller verkauft. Er ließ sich ein Haus bauen und beabsichtigte, eine Rosengärtnerei einzurichten.
Zum 1. Oktober 1933 verkaufte Gärtner Lorenzen sein Gelände an den Holländer Leander Steenhoek, der bereits in Sielbeck bei Malente eine eigene Gärtnerei mit Frühbeeten geführt hatte. Er ließ eine ganze Reihe von Glashäusern und Mistbeeten errichten, um Gurken, Salat und Tomaten früh auf den Markt bringen zu können.
1936 wurde das erste Gewächshaus in Betrieb genommen und mit Salat und Tomaten bepflanzt. 1937 hatte er schon gute Erfolge.
Während des 2. Weltkrieges arbeiteten Menschen aus 5 Nationen in der Gärtnerei: Deutsche, Franzosen, Holländer, Polen und Russen.
Leander Steenhoek malte im Krieg die holländische Flagge aufs Dach und befestigte eine holländische Fahne am Schornstein als Zeichen seiner Neutralität und beleuchtete bei Luftangriffen sein Haus.
Da er den einzigen LKW im Dorf besaß, musste er nach den Bombenangriffen auf Kiel die Feuerwehrspritze von Stolpe nach Kiel schaffen, damit die Brände bekämpft werden konnten.
Im Holzhaus am Depenauer Weg hatte Frau Dr. Adriane Sasse, die jüngste Tochter von Leander und Neeltje Steenhoek, ihre Praxis. Nach der Bombardierung von Dresden war sie mit dem Rad bis nach Stolpe gefahren. Dort arbeitete sie auch noch nach dem Krieg mit Krankenschwester Irma Schimkat für die Gesundheit der Stolper Bürger.
Leander Steenhoek bewohnte mit seiner Familie die Villa am Depenauer Weg 6a, in der später der langjährige Stolper Schullehrer Rudi Wenzel wohnte.
Hinter der Villa stand der Kuhstall. Auf der rechten Hälfte war die Kuh untergebracht, die im und nach dem Krieg ihre Weide entlang des Knickes an der Dorfstraße hatte. In der linken Seite des Gebäudes befand sich im Erdgeschoss der Aufenthaltsraum, wo die Mitarbeiter ihr Essen einnahmen. Im Obergeschoss waren die Wohnungen und Zimmer für Mitarbeiter und Lehrlinge. Im Volksmund wurde dieses Haus „Bullenkloster“ genannt, weil hier nur junge Männer wohnten.
Insgesamt beschäftigte die Gärtnerei 10 Arbeiter und Arbeiterinnen, wobei später auch Frauen aus dem Ort beim Sortieren der Schnittblumen eingestellt wurden.
Bekocht wurden sie vor und nach dem Krieg von Maria Beecken, der späteren Ehefrau von Betriebsschlosser Werner Ruckpaul. Maria arbeitete später viele Jahre in der Buchhaltung, zusammen mit Cornelius Steenhoeks Frau Ragna, eine geborene von Donner. Marias Ehemann Werner blieb vor Ort, nachdem er 1961 die Gestelle der Gewächshäuser zusammengeschweißt hatte und war fortan für alles Technische in der Gärtnerei Steenhoek verantwortlich.
Für die Werksangehörigen wurden insgesamt neun Wohnungen auf dem Firmengelände errichtet.
Am Ende des Gärtnerstegs baute sich Cornelius Steenhoek gleich nach dem Krieg ein mit Reet gedecktes Haus. Später, in den 50er Jahren bezog er die nahe gelegene Villa am See.
Als sein Nachfolger zog Prokurist Koller in das Reethaus am Gärtnersteg ein. Nebenan entstand weiterhin ein Einfamilienhaus, das von Werksangehörigen bewohnt wurde.
In den frühen 50er Jahren wurden in Stolpe Nelken angebaut. 26 Gärtnergehilfen waren dafür zuständig. Die fertige Ware wurde zum Flughafen Hamburg – Fuhlsbüttel gebracht und von dort versandt.
Nach dem Tod des Vaters Leander übernahm Sohn Cornelius die alleinige Führung der Firma. 1961 gründete er den Blumengroßhandel Steenhoek. 1966 verstarb auch er. Sein Sohn Marinus übernahm die Leitung der Firma.
Die Gärtnerei Steenhoek hatte Anfang der 70er Jahre 12 500 m² unter Glas und 43 500 m² im Freiland. Es war die zweitgrößte Gärtnerei in Schleswig – Holstein.
Cornelius Steenhoeks Nachfolger gaben den Anbau von Gemüse und Salat auf. Sie spezialisierten sich auf Schnittblumen: Rosen, Gerbera, Asparagus, Plumosus (Schnittblumengrün), Narzissen und Iris.
1973 wurde das Beheizen der Gewächshäuser eingestellt, da der Betrieb in der Ölkrise zu teuer wurde. Der eigene Anbau von Blumen wurde eingestellt.
1975 wurde die große Halle gebaut. Es gab 4 Kühlräume für die Lagerung der Schnittblumen. In der Halle wurden die Blumen von Frauen aus der Umgebung neu sortiert und verpackt.
Im Schneekatastrophenwinter 1979 stürzte ein Teil der Glasdächer unter der Schneelast ein. Schrott- und Glashändler räumten den Bruch fort.
Jetzt bestand das Geschäft nur noch aus Ex- und Import von Schnittblumen. Diese wurden importiert aus Dänemark, Holland, Frankreich, Israel, Italien und Spanien mit den Kanarischen Inseln.
Sie wurden per Flugzeug nach Hamburg geschafft und dann weiter per Bahn als Expressgut nach Wankendorf befördert. Von dort wurden die Blumen mit sieben firmeneigenen Fahrzeugen nach Stolpe transportiert und an die Blumengeschäfte ausgeliefert.
Es gab noch zwei weitere Filialen in Flensburg und Itzehoe.
Finanziell ging es mit der Gärtnerei in den 80er Jahren bergab. Schon in den 70er Jahren wurden zur Konsolidierung Jahr für Jahr Grundstücke an der Dorfstraße als auch entlang des Gärtnerstegs verkauft. Aber auch das rettete die Firma Steenhoek nicht mehr.
Sie ging am 25.5.1985 in Konkurs.