Die Ritter von Sehestedt auf Gut Depenau (1551 – 1620)
Moritz von Sehestedt (1489 – 1558)
Moritz von Sehestedt wurde 1489 als Sohn des Ritters Paul Sehestedt und seiner Frau Agathe von Stendorf geboren. Sein Vater Paul fiel in der Schlacht von Hemmingstedt am 17. Februar 1500, als die Holsteiner Ritter die freie Dithmarscher Bauernrepublik einnehmen wollten, aber mit ihren schweren Rüstungen in den Untergang gingen. Die Schlacht von Hemmingstedt war die letzte Ritterschlacht in Schleswig-Holstein.
Die Ritter der damaligen Zeit waren weit gereiste Menschen. 1513 war Moritz von Sehestedt anwesend bei der Eröffnung des Grabes des Heiligen Knud in der Kirche zu Ringstedt, und 1523 war er beteiligt bei der Vertreibung von König Christian II. in Kopenhagen.
Seine Schwester Anna heiratete am 16.11.1505 den schwedischen Ritter Kristiern Bengtsson Oxensternia von Eka und Lindö, der am 8. November 1520 im Blutbad von Stockholm zusammen mit 600 anderen Rittern ermordet wurde. Die Blutnacht wurde vom dänischen König Christian II. im Zuge seiner Inthronisation unter den schwedischen Rittern und der hohen Geistlichkeit befohlen.
Moritz von Sehestedt war Erbherr auf Gut Stendorf. Er heiratete 1527 Dorothea Walstorp (Wahlsdorf). 1535 brachte sie Gut Perdoel, das vorher Otto und Ove Walstorp gehört hatte, in den Besitz der Familie Sehestedt.
Moritz und Dorothea Sehestedt hatten sieben Kinder. Der älteste Sohn, Paul, wurde 1528 geboten, sein jüngerer Bruder Jakob 1530. Sie hatten fünf Schwestern: Helvig, Anna, Elsebe, Appolonia und Politta. Seine Frau Dorothea verstarb schon 1544 und wurde in Plön begraben. Unsicher ist die Existenz einer zweiten Frau, Dorothea Rantzau.
Am Martinstag des Jahres 1551 teilte er Gut Perdoel unter seinen Söhnen auf. Jakob, der jüngere, erhielt den Hof Perdoel mit den Dörfern Perdoel und Belau, mit dem Belauer Bach (Alte Schwentine) vor der Mühle mit dem Aalfang, sowie den halben Teich Krummendiek auf Stolper Feld.
Paul sollte den nördlichen Teil erhalten, ein Gut, das durch diese Teilung erst erschaffen wurde. Sein Name Depenau kommt vom „tiefen Bach“ – der „depen – au“, der Alten Schwentine.
Moritz von Sehestedt verstarb kurz vor dem 21. Januar 1558 mit 68 Jahren. Den Hof in Kiel vererbte er an Anna von Quitzow, einer Äbtissin aus brandenburgischem Adel.
Paul von Sehestedt (1528 – 1572)
Paul von Sehestedt wurde 1528 als ältester Sohn von Moritz von Sehestedt und Dorothea Walstorp geboren. Er heiratete 1547 Helvig von Ahlefeldt zu Schönebeck. Sie bekamen 5 Kinder, 3 Söhne und zwei Töchter. Der älteste Sohn Jörgen wurde 1547 geboren, Ove im Jahr 1548 und Detlev 1550. Ihre ältere Tochter Helvig heiratete Christoffer von Plessen. Die jüngste Tochter ist vom Namen her nicht bekannt.
1551 erhielt Paul von Sehestedt bei der Teilung des mütterlichen Gutes Perdoel durch seinen Vater Moritz die nördliche Hälfte, die sie nach der „Depen – au“, der tiefen Au, nannten.
Zum Gut gehörten die Dörfer Stolpe, Wankendorf, Kunstorp, Horst und Bardenbeke. Von den mindestens insgesamt 44 Hufen der Dörfer nahm er sieben aus dem Dorf Bardenbek und errichtete dort seinen Hof. Das Dorf Bardenbek wurde niedergelegt. 1572 wurde es letztmalig in Gerichtsprotokollen genannt. Die genaue Lage der Wüstung Bardenbek ist noch unbekannt.
Auch Kunstorp, dessen Einnahmen Paul Sehestedt schon 1554 dem Domdekan zu Eutin verkaufte, gibt es nicht mehr. Das Dorf Kunstorp lag ca. einen Kilometer südlich des neu angelegten Hofes. Heute erinnert nur noch der Flurname „Kunstorper Seite“ an das untergegangene Dorf.
Heikel war die Nutzung des Stolper Sees. In der Teilungsurkunde hieß es, dass die Fischer der beiden Güter auf dem See jeweils das erste Recht hatten zu fischen, und der dazugekommene sich zurückziehen sollte. Das ging nicht gut, und so wurde schon 1575 geregelt, dass der Stolper See zu Gut Depenau gehören solle. Diese Regelung blieb bis ins 20. Jahrhundert.
1558 zahlte Paul von Sehestedt eine Romfahrt für das Gut Depenau. Im selben Jahr war sein Vater Moritz verstorben. Und so erbten Paul und Jakob von Sehestedt die Hälfte des väterlichen Gutes Stendorf in Ostholstein. Erst 1564 wurde Paul ins Grundbuch des Gutes Depenau geschrieben.
Von 1566 bis 1569 führte er Klage gegen seinen Bruder Jakob beim Herzog Adolf I. von Schleswig-Holstein-Gottorf, weil Jacob ihm mit Gewalt sein Erbe an Gut Stendorf entzogen hatte. Jakob verstarb 1574, und seine Witwe Anna Rantzau wollte ihren Anteil an Gut Stendorf verkaufen. 1572 erklärte Paul Rantzau, seinen Anteil an Gut Stendorf an seinen Gläubiger zurückzugeben.
Paul von Sehestedt verstarb am 8. Mai 1572. Noch 1573 legte seine Witwe Heilwig die Grenze des Gutes Depenau zum Kloster Preetz fest: der Holzsee und der Zufluss aus Holzsee und Nettelsee zur Nettelau.
Heilvig von Sehestedt verstarb um 1578. Beide Ehegatten wurden in der Kirche zu Eutin begraben. Noch heute gibt es ihren Epitaph mit gut erhaltenen Farben in der 800 Jahre alten St. Michaelis-Kirche zu Eutin.
Paul von Sehestedts Erben – Jörgen, Ove und Detlev
Am 12. März 1576 teilten Jörgen, Ove und Detlev im Beisein ihrer Mutter Heilvig von Ahlefeldt in Kiel das väterliche und mütterliche Erbe in drei Teile und verlosten das Erbe.
Detlev erhielt den Hof Stendorf mit allen zugehörigen Dörfern Kasseedorf, Sagau und Griebel und auf den Mutterfall (Tod der Mutter) das Haus in Eutin mit zugelegtem Acker.
Jörgen Sehestedt erhielt von der noch lebenden Lucie von Ahlefeldt, der Großmutter mütterlicherseits, im Fall ihres Ablebens, den Hof Westensee mit dem Dorf Westensee und Haßmoor und dazu 30 000 Mark Lübsch. Ove erhielt den Hof Depenau mit den dazu gehörigen Dörfern Kunstorp, Stolpe und Wankendorf und beim Tode seiner Mutter Heilvig den Hof Schonebeke mit dem Dorf Löhndorf.
Weil die Güter Stendorf und Depenau besser waren als das Gut Westensee und das beigelegte Geld, übernahmen Detlev und Ove allein die 45 000 Mark väterlicher Schulden; aber Brautschatz und Rente der Schwestern (Heilvig und unbekannt) laut Vertrag, sowie der Schwestern des Vaters (Anna, Helvig, Elsebe, Appolonia und Politta) übernahmen sie alle drei gemeinsam. Auch das Lehngut Perdoel sollten sie gemeinsam verwalten.
Der Sehestedt-Mord
Detlev von Sehestedt, Erbherr auf Gut Stendorf, heiratete 1577 Dorothea von Ahlefeldt auf Haseldorf. Er jagte am 5. Juni 1577 auf des Eutiner Bischofs Grund und Boden. Das war ein Affront, den der Vetter des Bischofs, der Eutiner Amtmann Harbort von Holle, nicht hinnehmen wollte. Es kam zu einem Kampf, in dessen Verlauf Detlev von Sehestedt den Amtmann erschoss. Er selbst wurde schwer verwundet. Obwohl er für diesen Mord freies Geleit vom König erhielt, fiel er 1579 der Blutrache der Familie von Holle zum Opfer. Der jüngere Bruder Kurt von Holle lauerte ihm in einem Waldstück bei Stendorf auf und ermordete ihn. Kurt von Holle musste daraufhin das Land verlassen. Detlevs Witwe Dorothea heiratete in 2. Ehe Hans von Buchwald und hatte mit ihm 10 Kinder. Sie starb um 1618.
Der älteste Sohn Jörgen von Sehestedt heiratete Sophie von Blome auf Seedorf. Sie hatten einen Sohn: Jörgen II. Jörgen von Sehestedt verstarb am 23. April 1604.
Ove von Sehestedt (1548 – 1621)
Ove von Sehestedt wurde um 1548 als mittlerer Sohn von Paul von Sehestedt (+1572) und seiner Frau Helvig von Ahlefeldt (+ 1625) geboren. 1567 heirate er Catherine von der Wisch zu Nienhof und Kaltenhof.
Sie bekamen zwei bekannte Kinder. Detlev war der älteste Sohn, geboren 1568, der Dorothea von Ahlefeldt auf Lehmkuhlen heiratete, sowie Tochter Heilvig, geboren um 1576, die den Ritter Joachim von Brockdorff ehelichte.
Nach dem Tod seines Bruders Jacob 1574 erbte die Witwe Anna von Rantzau Gut Perdoel. Dies wurde von Pauls Söhnen Jörgen, Ove und Detlev angefochten, allerdings ohne Erfolg. Als Anna von Rantzau 1580 starb, erbten ihre Tochter Agathe und Ehemann Henneke von Sehestedt Gut Perdoel. Als deren Sohn Jakob in Konkurs ging, kauften zuerst Ove und dann Jörgen Perdoel zurück.
Als die Brüder Jörgen, Ove und Detlev am 12. März 1576 in Kiel ihr Erbe in Gegenwart der Mutter per Los aufteilten, erhielt Ove den Hof Depenau mit den Dörfern Kunstorp, Wankendorf und Stolpe, und nach dem Tod seiner Mutter Heilvig von Ahlefeldt den Hof Schonebecke mit dem Dorf Löhndorf. 1577 beschwerte er sich über die Türkensteuer für Depenau. Diese Steuer wurde vom deutschen Kaiser von jedermann erhoben, um die militärischen Mittel gegen die nach Westen strebenden Türken aufzustocken und um Kriegsgefangene freizukaufen. 1579 wurde sein Bruder Detlev in Blutrache ermordet. Im Mai 1580 nahm er an dem Belehnungsakt durch den dänischen König Friedrich II. in Odense teil. Alle Stände legten den Lehnseid ab.
1582 tötete er den pommerischen Edelmann von Luckow. Im Jahr 1586 erbaute er das einstöckige Torhaus von Gut Depenau und die Wasserburg.
1588 huldigte er dem neuen unmündigen dänischen König Christian IV., der bis zu seiner Mündigkeit von seiner Mutter Sophie von Mecklenburg vertreten wurde. Auf dem Kieler Umschlag Anfang 1592 verzichtete seine Schwester Dorothea, verheiratet mit Heinrich Rantzau, auf ihr Erbe, um den Brautschatz von 16 000 Mark Lübsch zu erhalten.
1602 zahlte er wiederum die Türkensteuer für Depenau. 1604 verkaufte er seinen Anteil an Gut Stendorf. Am 11. November 1608 kaufte er das Kirchenhaus in Plön und den dazugehörenden Hof am Großen See für 300 Mark Lübsch. 1616 nahm er am Leichenbegräbnis von Herzog Johann Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf teil.
Von 1620 bis 1627 war sein Sohn Detlev Propst des Klosters Preetz. Und so erhielt seine Tochter Heilvig, die 1599 den Ritter Joachim von Brockdorff geheiratet hatte, im Jahr 1620 Gut Depenau. Somit hatte die Ära Sehestedt auf Gut Depenau ein Ende.
1621 verstarb Ove von Sehestedt im Alter von 73 Jahren. Seine Ehefrau Catherine von der Wisch überlebte ihn.