Eine Waldglashütte im 17. und 18. Jahrhundert

Eine Glashütte darf man sich nicht einfach als Glasofen im Wald vorstellen, sondern dazu gehört ein eigenes kleines Dorf. Da ist zuerst das Haus des Hüttenmeisters, des Besitzers der Glashütte. Das Haus ist aus Tannenfachwerk mit Ziegelsteinen und eicherner Sohle gebaut, sowie mit Stroh gedeckt. Dann sind da die einfacheren Gebäude der Arbeiter und ihren Familien mit Gärten. Es wird Vieh gehalten, 30 Rinder und bis zu 15 Pferde für den Transport, sowie das Kleinvieh. Der Hüttenmeister betreibt eine eigene Landwirtschaft, auch die Genehmigung zum Brauen und Brennen hält er. Die Gemeinschaft der Glashütte beruht auf Selbstversorgung.

Es gibt eine ausdifferenzierte Anzahl von Arbeiten auf einer Glashütte. Da ist zum einen der Vizemeister. Er ist für die Baulichkeiten, den Betrieb der Glashütte und die Abrechnung zuständig. Zudem betreibt er häufig einen Kramladen. Und er ist für das Personal verantwortlich. Letzteres ist häufig eine schwierige Angelegenheit, weil es nie genügend ausgebildete Fachkräfte gibt. Die Glasarbeiter wechseln häufig zwischen den einzelnen Glashütten, sie sind sehr unabhängig, wie überhaupt die Glasmacher nicht gutsuntertan sind. Es ist ein raues Völkchen mit rauen Sitten. Sie sind Ausländer, oft katholischer Religion. Sie wechseln zwischen dem Magdeburgischen, Böhmen, Frankreich und Italien, da hier die Glasmacherkunst auf höherem Stand ist, aber auch von Holstein nach Mecklenburg und weiter nach Skandinavien.

Waldglas Krautstrunk
Waldglas – Krautstrunk

Diese Arbeitskräfte teilen sich auf nach den Erfordernissen der Glasproduktion. Da sind die Köhler, die die Holzkohle für die Hütte brennen. Ebenso die Bläser, die sich in Hohl- und Aufbläser unterscheiden. Weiterhin gibt es die Wirker, die das Schmelzen des Glases betreiben, und die Strecker, die das Tafel-  bzw. Fensterglas herstellen. Die Spanner fertigen die anderen Formen des Glases. Sie sind die eigentlichen Künstler der Glashütte. Die Schürer sind mit ihren Lehrlingen und Hilfsleuten für den Bestand des Feuers zuständig. Der Glasofen brennt über 22 Wochen unentwegt. In dieser Zeit wird Tag und Nacht Glas gefertigt, auch an Sonn- und Feiertagen. Das braucht Unmengen an Holz. Dieses Holz wird geschlagen, wenn in der kalten Jahreszeit der Hüttenbetrieb ruht. Insgesamt werden pro Jahr zwei Öfen aufgebraucht.

Ferner gehören zur Glashütte Hirten für die Tiere, Kutscher für den Transport der Rohware als auch der fertigen Produkte. Aschenfahrer sind für die Zufuhr des Rohstoffs Pottasche zuständig und Hauer für die Zubereitung des Holzes für den Ofen. Auf großen Glashütten gibt es auch Schuster, Schneider, Kistenmacher und sogar einen  Schmied. Und immer gibt es einen Schulmeister, der für die Ausbildung der Kinder zuständig ist.

Alles in allem ist eine Glashütte ein mittlerer Großbetrieb, der weiterzieht, wenn das Holz, der wichtigste Rohstoff, nicht mehr zur Verfügung steht. In den Verträgen mit den Gütern ist festgelegt, dass das gerodete Land dergestalt hergerichtet sein muss, dass es der Gutsherr sofort unter den Pflug nehmen kann.

Dies ist besonders wichtig nach dem 30jährigen Krieg von 1618 – 1648. Manche Landstriche sind durch den Krieg fast entvölkert. Da, wo keine Landwirtschaft mehr betrieben wird, holt sich der Wald die Landschaft zurück. So leisten die Glashütten vom frühen 17. Jahrhundert bis Ende des 18. Jahrhunderts ihren Beitrag zur Urbarmachung des holsteinischen Landes.

 

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