Eine Kindheit an der Depenauer Mühle
geschrieben nach der Erzählung von Gertrud Steenbuck
Gertrud Steenbuck geb. Schlüter wurde 1930 auf Gut Perdoel geboren und kam 1932 mit ihren Eltern und ihrer Schwester Karla zur Depenauer Mühle. Sie wohnte bis 1970 in dem sog. „Jägerhaus“ jenseits der Au.
Für die Kinder war das Leben an der Alten Schwentine und der Depenauer Mühle wunderschön.
Zur Schule gingen die Mühlenbergkinder nach Stolpe, sommers über die Koppeln und im Winter entweder durch den tiefen Schnee oder mit Schlittschuhen über das Eis des Stolper Sees. Im tiefen Schnee musste einer spuren und die anderen zogen hinterher. Entweder kamen im tiefen Schnee alle Mühlenbergkinder an oder keins, denn es gab keine Ausnahmen wegen des widrigen Wetters, außer der Weg war für alle Kinder unpassierbar.
Nach der Schule, wenn die Zeit es zuließ, fuhren die Kinder Schlitten von der Bauernstelle Lütjohann bis nach unten an die Au. Damals gab es noch richtige Winter!
Im Frühling blühte überall im Tatenbusch der Waldmeister und die Schlüsselblumen waren am schönsten am Drömling.
Im Sommer fingen die Kinder mit der Gabel Aalquappen und Flusskrebse. Oder sie angelten mit selbst gebauten Angeln in der Au, mussten aber dabei aufpassen, dass sie nicht vom Seepächter und Fischer Boller erwischt wurden, dem das Fischereirecht bis zum Mühlenwehr oblag. Fischer Boller wohnte im sog. Fischerhaus oben an der Straße. Außerdem pflückten die Kinder Himbeeren im Wald.
Damit die Kinder zum Vogelschießen in guten Kleidern daherkamen, wurden Enten, Gänse oder Hühner geschlachtet und verkauft, bzw. eingetauscht.
Es war nicht ungefährlich für die Kinder an der Au, denn der Aalfang neben der Mühle sorgte für einen kräftigen Sog flussabwärts, und hinter der Mühle gab es einen starken Strudel. Jedoch die Kinder wurden von klein auf ermahnt, am Wasser vorsichtig zu sein.
Die kleinen Entenküken wussten von alledem nichts und wurden manchmal mit der Strömung fortgerissen. Hinter der Mühle wurden sie von den Kindern wieder eingefangen. Auch einem kleinen Hund, den die Bewohner des Stolper Altenheims bei einem Spaziergang mit sich führten, erging es ebenso. Auch er wurde hinter der Mühle aus dem Wasser gerettet.
Die Mütter an der Depenauer Mühle hatten ein hartes Leben. Alles Wasser für den Haushalt wurde aus der Au geholt. Es gab zwar einen Brunnen beim Jägerhaus und in der Mühle, aber das Wasser war eisenhaltig, und die weiße Wäsche wurde vom Waschen braun. Zudem lebten im Brunnen des Jägerhauses Frösche.
Also schleppten die Frauen das Wasser in den Waschbottich im Haus. Dort wurde es erhitzt und mit Seife versetzt. Die Wäsche wurde am Waschbrett geschrubbt. Zum Ausspülen ging es dann an die Au, egal ob im Sommer oder Winter, denn die Au fror so gut wie niemals zu wegen ihrer starken Strömung. Aber die Wäsche war immer weiß!
Im Sommer wurden die Kinder von ihren Müttern in der Au gebadet, im Winter jedoch in der Wanne im Schuppen. Dabei badeten zuerst die Kinder und dann nacheinander die Eltern. So wurde das Badewasser perfekt ausgenutzt.
Die Kinder jedoch hatten ein wunderbares Leben an der Depenauer Mühle!