Gerhard Hansen – Chronist der 40er und 50er Jahre – 2014

Gerhard Hansen
Gerhard Hansen

Gerhard Hansen, 1938 in Stolpe als Sohn des Tagelöhners Rudolph Hansen geboren, wuchs in Stolpe als Kind im Hause eines Sozialdemokraten auf. Fast wäre sein Vater in das Konzentrationslager gekommen, weil er aus dem Krieg schrieb, wie lange der Sch…krieg noch dauern würde. Sein Arbeitgeber, der Gutsbesitzer Gerhard Hammerschmidt von Depenau rettete ihn vor diesem Schicksal.

Nach harten Hungerjahren wollte Gerhard Hansen Fleischer werden, weil man in diesem Beruf keinen Hunger haben musste. In Stolpe jedoch wurden nur die Söhne der Meister als Lehrlinge genommen, so musste er nach Segeberg in die Lehre. Einmal in zwei Wochen durfte er mit der Kleinbahn Kiel – Segeberg nachhause fahren. Seinem Beruf und seiner Heimat ist Herr Hansen treu geblieben. Mit welcher Intensität er seine Heimat liebt, zeigt uns sein plattdeutsches Gedicht.

Dee Stolper See!

Denn heff’ ick kennen leernt,
dor weer ick noch keen 80 Monat oolt!

Dann har ick dat begreepen,
dor weer noch wat to Eeten!

So noh de Kriegstied weer all’s knapp,
to Eeten hah’n wie nie satt!

Dor günn ick no denn Stolper See,
man kreech Rotogen, Brassen, Bors zn Ool!
Datt weer to domolige Tied keen Qual!
„Mien Stolper See!“

Ick heff mie freut to düsse Tied,
een Fischmohltied weer een Gewinn.
„Mien Stolper See!“

Mit de Angelhooken,
datt weer dormols lütt beeten Schiet.
De Angelhooken, dee weern knapp,
weer dormols Beziehungen hett hat,
dee har keen Sorgen,
sonst muss ick mie een borgen
oder op dütsch gesecht,
een besorgen.
„Mien Stolper See!“

Door bleef ja ok mol een Hooken hingen int Reeth.
Dann säh man annern Tog schlecht ut
und de Jach no’n Hooken
und denn op dee Fisch
günn weer vun föörn los.
„Mien Stolper See!“

Wie wüllt dat man nich vergeeten
mit miene kindlichen Sorgen
hah’n wie wat to Eeten!
„Mien Stolper See!“

Ton Angeln gohn weer dormols een Geschäft,
hahst du fehl, keemst du torecht,
hahst du nichts, dor würst frech.
„Mien Stolper See!“

Badet heebt wie nebenbi,
in Sandbarg uns wöllert,
mit Kauschiet beschmeeten
und affspöhlt heebt wie uns wo?
„Inn Stolper See!“

Wie haarn nie veel to lachen dor,
de grooten Jungs krümmen uns oftmals dee Hoor,
aber uns Stolper See weer för uns alle dor.
An düssen See hebt wie all Spaß an hat:
Ob an Baden, Angeln,
inn Winter Schlittschauloopen
op dee groote Fläch,
dat weer för uns Kinner groote recht.
As Kind meen man
dat weer dat groote Woder,
„Dee Stolper See!“

Naher weer man grödder,
dann weer dat anners,
do keem dat Grote, dee See!
Nord- und Ostsee heff ick kennen leernt,
dat weer ganz anners.
Ganz groot bett ton Horizont
und denn noch mit Sold innt Woder
mit Ebb und Flut!
Dat weer nicht
„Mien Stolper See!“

So har ick wedder wat erkannt.
Mit Fru un tu Kinner flögen wie nah Amerika
an deen Atlandigstrand.
In Amerika meen ick,
dor weer dee Düvel los.
Dee Sand ann Strand
weer so hitt as mien Hos.
Dee Brandung so hoch,
ick dacht dee Scheep kunn kippen,
ick hah datt op denn Mooch und Hardkloppen
an dee Rippen.
Ick heff nur still an denn Stolper See dor dacht,
dor kunn ick schlopen bien Angeln
in düstere Nacht.
„Mien Stolper See!“

Gerhard Hansen

Gerhard Hansen ist in der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 2009 plötzlich und unerwartet verstorben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert