Im Schatten der großen Schwester – Die Alte Schwentine
von Theresia Künstler und Gerd Dreßler
Die Holsteinische Schweiz ist untrennbar mit der Schwentine verbunden, ihre Seenlandschaft Magnet für Erholungssuchende. Die Alte Schwentine dagegen von Bornhöved nach Preetz fristet ein Schattendasein. Zu Unrecht, finden Theresia Künstler und Gerd Dreßler und stellen in einem Überblick den Kultur- und Naturraum vor, den der Flusslauf geprägt hat.
Geschichtsträchtiger Fluss mit folgenschwerer Verwechslung
In den amtlichen topografischen Karten ist dem Namen Alte Schwentine in Klammern die Bezeichnung Kührener Au beigefügt, unter dem sie in ihrem Unterlauf allgemein bekannt ist.
Der Husumer Bürgermeister und Universalwissenschaftler Caspar Danckwerth verzeichnete 1652 in der „Neuen Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein “ die Quelle der Schwentine am Bungsberg, wohl in der Vorstellung, der ältest genannte Fluss in den Herzogtümern Schleswig und Holstein müsse auch am höchsten Berg des Landes entspringen. Der heutzutage vorherrschenden Auffassung zufolge ist jedoch aufgrund frühgeschichtlicher Überlieferungen Sventana der wendische Name für Bornhöved, wo 798 die mit den Franken verbündeten Abotriten die transelbischen Sachsen schlugen. In den Wiesen am Grimmelsberg bei Tarbek nahe Bornhöved liegt die Quelle des heiligen Flusses (Sventine), der nach dem heiligen Feld (Sventana) der siegreichen Schlacht benannt wurde.
In den Auseinandersetzungen zwischen Sachsen und Wenden um die Vorherrschaft in Wagrien wurde in karolingischer Zeit der Sachsenwall geschaffen, der an den Ostgrenzen Holsteins und Stormans in seinem nördlichen Bereich der Alten Schwentine von Bornhöved bis Preetz als natürlicher Grenze folgte. Allerdings war der Limes Saxoniae mehr eine Demarkationslinie als ein durchgehender Verteidigungswall, deren Schutzfunktion in schwer durchdringbaren Gewässern und Sumpf- und Feuchtgebieten bestand. Im Verlaufe der Ostkolonisation im 13. Jahrhundert errichteten hier Holsten und Stormaner Turmhügelburgen, von denen aus sie das Land beherrschten. Die Slawen sicherten ihrerseits die Grenze zwischen dem Schmalen- und dem Belauer See durch die Belauburg, heute ein Erdwall am Vierer Weg. Sie konnten aber die Kolonisation ihres Siedlungsgebietes unter den Schauenburger Grafen in der Folgezeit nicht verhindern.
An einem Hang am Westufer des Schmalensees liegt der Ortsteil Vier der Gemeinde Ruhwinkel. Die holsteinischen Gaue waren viergeteilt, vermutlich den Bedürfnissen der militärischen Aushebung geschuldet. Der militärisch-politischen Bedeutung des Faldera-Gaues als Grenzgau entsprach die Wahl des Viert bei Bornhöved als Versammlungsort der gesamten Ritterschaft des Landes bis zum Spätmittelalter. Heute weist ein Gedenkstein auf die historische Bedeutung dieses Ortes als Vorläufer der späteren Landtage hin, der einen eindrucksvollen Blick über die Seenlandschaft bietet.
Kloster, Gutshöfe, Wassermühlen und Dörfer
Im Mündungsbereich der Alten Schwentine liegt seit dem 13. Jahrhundert das Adelige Kloster Preetz. Das Ensemble mit der prächtig erhaltenen Kirche im hochgotischen Stil und den Konventualinnen – Häusern ist eine kleine Welt für sich und einen Rundgang wert. Die reichliche Ausstattung der Kirche lässt die sakralen Liturgien zur Zeit der Benediktinernonnen und später der adeligen Stiftsdamen nachempfinden, die seit der Reformation den Damenstift bewohnen. Heute wird die Klosterkirche auch als Ort klassischer Sommer- und Orgelkonzerte genutzt.
Zum Kloster gehörten 41 Dörfer im Gebiet der Probstei, die bis 1542 der Grund- und Gebietsherrschaft des Klosterpropstes unterstanden. Es ist bedeutsam, dass der Propst als Grundherr seinen Kolonisten ihre Landstellen als freies Eigentum überlassen hat. So sind die Probsteier freie Bauern geblieben und nicht Leibeigene geworden wie die Untergebenen der umliegenden adeligen Güter.
Heute sind von den einst umfangreichen Ländereien in der Probstei noch etwa 1600 ha Land und Wald im Klosterbesitz geblieben, die von der Klosterverwaltung bewirtschaftet werden.
Vor dem Torhaus erinnert ein Obelisk an den Preetzer Klosterpropst Friedrich Graf von Reventlou. Als Mitglied der Provisorischen Regierung unterzeichnete er die Proklamation von 1848 für die Aufrechterhaltung der historisch entstandenen Landesrechte der Herzogtümer und stritt gegen die schleichende Vereinnahmung durch Dänemark.
Von der ehemaligen Klostermühle sind die Turbinenkammern mit ihren Kreuzgewölben im Flussbett unter der Straßenbrücke geblieben. Dem imposanten Bauwerk droht der Abriss, da Mittel für die Sanierung fehlen. Im Harderpark mündet die Alte Schwentine, die im Preetzer Stadtgebiet Mühlenau genannt wird, nach 25 Kilometern in die Bungsberg – Schwentine ein.
Ritterschaft und Adel haben die Siedlungsgeschichte der Neuzeit in Ostholstein durch Ausbildung bäuerlicher Leibeigenschaft als Folge der Gutsherrschaft maßgeblich geprägt. Die beiden Güter Depenau und Perdoel an der Alten Schwentine spiegeln die Adelsgeschichte bekannter holsteinischer Geschlechter wider. Perdoel geht auf das 13. Jahrhundert zurück und hat seinen Ursprung in einer Turmhügelburg im Stolper See. Depenau fiel 1551 infolge Erbreglung auf Perdoel an den Bruder des Erbberechtigten. Das Torhaus in Perdoel ist 1735 erbaut und frei zugängig; das Gut Depenau dagegen in Privatbesitz.
Dem adeligen Gutsherrn stand die ab 1524 verbürgte Patrimonialgerichtsbarkeit zu. Sie gehörte zum Wesen der Leibeigenschaft wie das Schollenband (keine Freizügigkeit), der Frondienst (Hand- und Spanndienste) sowie der Heiratskonsens (keine Heirat ohne Zustimmung des Gutsherrn). Den Pflichten der Untergebenen stand die Konservationspflicht des Gutsherrn gegenüber, also dessen Verpflichtung zur Daseinsfürsorge für seine Insten, Kätner und Hufner.
Die Wassermühlen waren Zwangsmühlen und Dienstleistungszentren; ihre angegliederten Schankwirtschaften regionale Treffpunkte. Der Landgasthof in der Perdoeler Mühle an der Nordspitze des Belauer Sees ist zurzeit geschlossen; das imposante Depenauer Mühlengebäude am Nordende des Stolper Sees geht einer gründlichen Renovierung entgegen.
Als vierte Mühle verdient die spätmittelalterliche Wasserm+hle des Gutes Kühren Beachtung, die 1485 erstmals erwähnt wird. Sie liegt an einem Seitenarm, der von Kührenerbrücke zum Lanker See verläuft und dort aufgestaut wurde.
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurde in Perdoel eine Glashütte betrieben, in der 15 Arbeiter unter Anleitung eines Glasmeisters Waldglasflaschen und Gebrauchsglas herstellten. Die Buchen wurden der Holzung Bockhorn entnommen, ihre Pottasche lieferte gemeinsam mit regionalem Quarzsand das Rohmaterial zur Glasherstellung. Archäologische Funde aus dieser Periode sind im „Museum des Kreises Plön mit norddeutscher Glassammlung“ zu sehen.
Liebschaften und Kulturschaffende
Um 1700 war das Gut Perdoel im Besitz der Gräfin Marie Aurora von Könisgmarck, auf Gut Depenau wuchs zur gleichen Zeit Anna Constantia von Brockdorff auf; beide waren über Jahre Mätressen Augusts des Starken von Sachsen. Erstere wurde später Priorin des Stiftes Quedlinburg; Anna Constantia avancierte zur Reichsgräfin Cosel, verfiel aber wegen ihrer Eigenwilligkeit in Ungnade und wurde 50 Jahre lang bis zu ihrem Tod auf einer Festung gefangen gehalten.
Im idyllisch gelegenen Ortsteil Altekoppel in Ruhwinkel zwischen Fuhlen- und Schierensee ist der Landschaftsmaler Charles Ross (1818-1858) aufgewachsen, der sich in der Schleswig-Holstein – Frage um 1850 gegen Dänemark positionierte.
Am Wegesrand von Depenau nach Löptin erinnert noch heute ein Grenzstein aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts („LÖPTIEN GRÄNS“) daran, dass das Herzogtum Holstein Teil des dänischen Gesamtstaates war. Ebenfalls in Ruhwinkel beheimatet ist Iven Kruse (1865-1926), der durch idyllische Novellen aus seiner holsteinischen Heimat Bekanntheit erlangte. Heute schreibt auf Hof Wittmaaßen bei Stolpe der Bio-Milchbauer Matthias Stührwoldt humorvolle Episoden aus dem Leben eines Landwirtes („Verliebt Trecker fahren“), die sich überregionaler Beliebtheit erfreuen.
Landschaft und Landwirtschaft im Wandel
Der dänische Major Gustav Adolf von Varendorf fertigte von 1789-96 ein sehr inhaltsreiches Kartenwerk anhand von Karten und Zeichnungen des Schleswigschen Infanterieregiments.
Die Reproduktion der „Topographisch Militärischen Charte des Herzogtums Holstein“ zeigt die Landaufnahme Holsteins im 18. Jahrhundert im Maßstab 1:25.000 in 68 dekorativen Einzelblättern und ist mit der Nummer 22 für den Bereich „Kiel-Ost bis Preetz“ beim Landesvermessungsamt Schleswig-Holstein zu beziehen (Tel. 0431/383-2015).
Der abgebildete Kartenausschnitt der Preetzer Postseefeldmark zeigt sehr deutlich die angelegten Knicks und Redder des eingekoppelten Landes. Die Verkoppelungsverordnung von 1771 leitete in den Herzogtümern eine Flur-Neueinteilung ein. Damit wurden die Nachteile des Flurzwanges überwunden, der den Bauern bis dahin ein rationelles Wirtschaften erschwert hatte. Sie erhielten per Los oder Zuteilung Land in zusammenhängenden Stücken, die mit Knicks (Wallhecken) einzufrieden waren. Die Knicks verhinderten Viehschäden durch Einbruch in benachbarte Felder und schützten vor Winderosion. So entstand das für unsere Landschaft so typische Knicknetz, und diese umwälzende Agrarstrukturveränderung hatte den Aufschwung der bäuerlichen Landwirtschaft zur Folge.
Die Flurbereinigung nach dem II. Weltkrieg tat der fortschreitenden Motorisierung der landwirtschaftlichen Betriebe Genüge und bewirkte weitere Flächenzusammenlegungen, denen viele Knicks weichen mussten. In der intensivierten Landwirtschaft werden sie vielfach als lästig empfunden. Sie sind als schützenswerte Biotope unter Naturschutz gestellt, schaffen ein wachstumsfreundliches Mikroklima und bieten Tieren und Pflanzen Schutz und Lebensraum. Die Luftaufnahme der Postseefeldmark aus dem Jahr 2009 lässt im Vergleich mit der Varendorf-Karte die Strukturen noch erkennen, zeigt aber auch, dass viele Knicks nicht mehr vorhanden sind.
Die Entlassung der Bauern aus der Leibeigenschaft verlief um die Wende vom 18. ins 19. Jahrhundert; ein Prozess, der sich nicht nur über Jahrzehnte hinzog, sondern auch die schleswig-holsteinischen Gutsbesitzer entzweite. Mit Hans Graf von Rantzau auf Gut Ascheberg fand die „Bauernbefreiung von oben“ einen ihrer wichtigsten Protagonisten im hiesigen Raum. Gemeinsam mit dem ersten nicht-adeligen Besitzer des Gutes Perdoel, Georg Ludwig Bokelmann, vertrat er in dieser Frage einen weit blickenden Ansatz. Auch Nikolaus Graf von Luckner auf Gut Depenau, der 1794 in Paris guillotiniert wurde, und sein Sohn Ferdinand sahen wegen der vielen Aufstände der Bauern in Depenau eine dauerhafte Problemlösung nur in einer Entlassung ihrer Untertanen aus der Leibeigenschaft.
Die 1805 per Gesetz verordnete Befreiung der Bauern ging einher mit der Überführung von Acker- und Weideland aus adeligem Grundbesitz in bäuerliches Eigentum, zumeist in Erb- oder Zeitpacht. Doch damit waren längst nicht alle sozialen Probleme gelöst. Die Situation 1844-1845 auf dem Lande wird im Jahrbuch für Heimatkunde im Kreis Plön 2002 wie folgt beschrieben: Acta betreffend “ bestimmter Zustände in den Dörfern Stolpe und Wankendorf“, geschrieben von Volker und Heinrich Griese.
In den Güterdistrikten waren von der Katastrophe biblischen Ausmaßes (Anm. d. V.: Hungersnot durch Missernte) vorwiegend Landarbeiter ohne Besitz betroffen, die durch die Segnungen der Aufhebung der Leibeigenschaft 1805 zwar nunmehr frei geworden, doch damit auch zu einem Großteil ihrer angestammten Arbeit verlustig gegangen waren. Die Hufner, die zuvor von den Gutsherren zu Hofdiensten verpflichtet waren und zu diesem Zweck Knechte und Mägde über den eigenen Bedarf auf ihren Höfen gehalten hatten, bewirtschafteten die ihnen nunmehr in Erbpacht gegebenen Stellen mit nur noch rund der Hälfte an Personal. Die andere, freigesetzte Hälfte verdingte sich den Sommer über so gut es eben ging als Zeitarbeiter/Tagelöhner in der Landwirtschaft oder zog als Arbeiter mit dem Straßen- und Eisenbahnbau. Der erarbeitete Lohn musste dann während des Winters, wenn die Arbeit ruhte, für die Ernährung der Familie reichen. Armut und Teuerung zogen Einbruch und Diebstahl nach sich, waren aber auch Folgen des gesellschaftlichen Umbruchs.
Regionaler Eisenbahnverkehr
Das Eisenbahnzeitalter in Schleswig-Holstein war durch den Bau der Strecke Altona-Kiel 1844 im dänischen Gesamtstaat von nationalem Enthusiasmus geprägt. In der Diskussion um weitere Strecken bemühten sich Gemeinden und Gutsbesitzer einerseits aus wirtschaftlichen Gründen um eine Anbindung, andererseits bewirkten Ängste vor den Feuerrössern, dass Haltepunkte von den Ansiedlungen ferngehalten wurden. Die Altonaer-Kieler Eisenbahn-Gesellschaft nahm 1866 die Strecke Neumünster-Ascheberg-Neustadt in Betrieb. Die einsam gelegenen Stationen Perdoel und Kalübbe geben Zeugnis für die Vorbehalte, während Wankendorf in zentraler Lage als späterer Kreuzungspunkt mit der Kleinbahn Kiel-Segeberg (1911-1961) gleich zwei Bahnhöfe hatte.
Die Konkurrenz des motorisierten Straßenverkehrs bewirkte 1985 die Einstellung des Personenverkehrs der Linie Neumünster-Ascheberg, zehn Jahre später folgte der Güterverkehr. Eisenbahnfreunde versuchen zurzeit, das behördliche Entwidmungsverfahren zu stoppen, um die Trasse für eine spätere Reaktivierung verfügbar zu halten.
1910 erfolgte die Inbetriebnahme der Kleinbahn Kirchbarkau-Preetz-Lütjenburg, deren Linienführung unter dem Einfluss der Gutsbesitzer nicht allgemeinwirtschaftlicher Zielsetzung entsprach und die bis zu ihrer Stilllegung 1938 unter erheblichen finanziellen Schwierigkeiten operierte. In Bredeneek bei Preetz ist auf freiem Feld eine Brücke der Bahnlinie über die Spolsau erhalten; der Preetzer Kleinbahnhof diente bis zu seinem Abriss einige Jahre als Jugendherberge. Heute lassen die Unterführung des Bahnkörpers der Strecke Kiel-Lübeck im Mühlenaupark und der Wanderweg die einstige Trasse erkennen. Der Kleinbahndamm über die Sieversdorfer Brücke teilt den Postsee in zwei Teile und ist ein viel genutzter Weg durch Spaziergänger, Radfahrer und Naturfreunde.
Landschafts- und Gewässerschutz
Nebenstraßen und Wanderwege im Gebiet der Alten Schwentine verlaufen durchgängig in Landschaftsschutzgebieten und begleiten den Fluss in dem von ihm eiszeitlich geprägten Tunneltal. Während der Eiszeiten haben Eis- und Gletschermassen dicke Geröllschichten als Grundmoränen zurückgelassen und die Landschaft geformt; riesige Toteisblöcke lagen in den Talmulden. Der Abschmelzvorgang schuf die Seen der Alten Schwentine, die nach dem Durchbruch der Kame am Ort der späteren Depenauer Mühle das Wasser des Seengebietes in die Ostsee abführte. Markante Hänge und tief eingebettete Seen, Feuchtflächen, Hoch- und Niedermoore, Kleingewässer, Bruchwälder, Grün- und Ackerflächen mit Knicks sind heute in den Landschaftsschutz einbezogen.
Die Jahrhundert alte Entwicklung zur Kulturlandschaft und ihre intensive Nutzung durch den Menschen haben die Region nachhaltig geprägt. Heute leiden die Binnenseen unter zu hohen Nährstoffeinträgen aus ihrem Einzugsgebiet und damit unter Überdüngung mit Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen. In der Bornhöveder Seenplatte galt der Stolper See lange als Problemfall; jüngste Untersuchungen weisen jedoch eine Abnahme seiner Eutrophierung auf. Sein ökologisches Potenzial und das des Belauer Sees werden im aktuellen Monitoring mit „mäßig“, Bornhöveder-, Schmalen- und Postsee hingegen mit „unbefriedigend“ bewertet(Quelle: Ökologische Zustandsbewertung der größeren Seen in Schleswig-Holstein nach EG-Wasserrahmenrichtlinie, Stand 08/2009, MLUR).
Hecht, Barsch, Zander, Aal, Rotauge, Karpfen, Brasse, Schleie, Plötze und Maräne bilden die Grundlage der fischereiwirtschaftlichen Nutzung und des Angelsports auf den Seen der Region. Der Stolper See ist im Besitz des Landessportfischereiverbandes; die übrigen Seen sind an Binnenfischereibetriebe verpachtet, die dieses traditionsreiche Handwerk ausüben.
Durch Extensivierung des Landbaus und der Viehhaltung in ufernahen Bereichen werden die Nährstoffeinträge in die Gewässer reduziert. Naturschützer und -nutzer arbeiten gemeinsam an Maßnahmen, die der Renaturierung zusammenhängender Biotopverbunde dienen. Die Flächen der Schrobach-Stiftung in der Pohnsdorfer Stauung westlich des Postsees stellen nach ihrer Wiedervernässung einen wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen dar, wo sich einzelne Kranichpaare angesiedelt und mit unterschiedlichem Erfolg gebrütet haben.
Auf den Feuchtwiesen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein oberhalb Kührenerbrücke fördert der Entwässerungsstopp die Regeneration der Niedermoore. Die Stiftung managt gemeinsam mit Partnern die Preetzer Postseefeldmark, wo Robustrinder eine halboffene Weidelandschaft pflegen, und beabsichtigt zudem die Vernässung des Stolper Moores. Der Gewässerunterhaltungsverband Schwentine projektiert an den drei ehemaligen Wassermühlen Sohlgleiten, um die Durchgängigkeit des Flusslaufes für Wasserlebewesen zu bewirken und plant die natürliche Entwicklung der Niederungen südlich des Postsees. An den Fließgewässerabschnitten ist der Eisvogel heimisch. Der „fliegende Diamant“ bevorzugt saubere Gewässer, nistet an Steilhängen und erbeutet kleine Wasserlebewesen durch Stoßtauchen. Dabei macht eine zunehmende Verkrautung die Nahrungssuche zum Problem.
Der kleine Fuhlensee nahe Ruhwinkel ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen; der verlandende See ist von Erlenbruchwald umgeben und dient seltenen Pflanzen und Tieren als Lebensraum. Die sehr alte und imposante Kattholzeiche mit ca. 13 m Umfang nahe der Perdoeler Mühle ist ein eingetragenes Naturdenkmal, und knorrige, alte Eichen säumen beiderseits die Straße bei Gut Perdoel. Von der „Liebeseiche“ führt eine altehrwürdige Eichenallee zum ehemaligen Meierhof Diekhof und weiter nordwärts zum tief eingeschnittenen Drömlingsee und erlaubt einen Blick auf die ehemals adeligen Güter Horst und Bundhorst am Wegesrand.
Perspektiven der Kultur- und Naturlandschaft
Wohnen, wo andere Urlaub machen; ein Motto, das die Bewohner dieser Gegend auch für sich gern in Anspruch nähmen, wenn denn Urlauber um den Reiz des Landschaftsraumes der Alten Schwentine wüssten. Nicht nur der Fluss steht im Schatten der großen Schwester, auch sein Einzugsgebiet vermag von der nahe gelegenen Tourismusregion Holsteinische Schweiz nicht recht zu profitieren. So bezeichnet sich Preetz zwar als „Tor zur Holsteinischen Schweiz“, bleibt aber in der touristischen Wahrnehmung hinter der Akzeptanz gegenüber dieser zurück. Dass im Einzugsgebiet der Alten Schwentine kaum Konflikte zwischen Landschafts- und Naturschutz und hohem Urlauberaufkommen auftreten, erweist sich als Standortvorteil für Urlaubsgestaltung und erlaubt sanften Tourismus zugunsten von Natur und Landschaft.
Die Fließgewässerabschnitte oberhalb des Stolper Sees sind für Wasserwanderer nur schwer zu befahren, da sie sehr mit Wasserpflanzen durchwachsen sind; der Abschnitt von der Depenauer Mühle bis in den Postsee dagegen kann nahezu mühelos befahren werden. Während Belauer See und südlicher Postsee nur für Durchfahrten genutzt werden dürfen, sind die anderen Seen frei befahrbar. Übersetzmöglichkeiten für Boote an den drei Wassermühlen stehen im Zuge der Errichtung von Sohlgleiten zur Diskussion. Campingplätze am Bornhöveder Freibad und an der Perdoeler Mühle sowie Badestellen an den Seen stehen für Freizeitgestaltung am Wasser zur Verfügung.
Der Fluss lässt sich über große Strecken beiderseitig auf Rad- und Wanderwegen begleiten, allerdings zumeist in gehörigem Abstand, was seiner Biosphäre zugute kommt. Lediglich an den Mühlen und Brücken wird die Alte Schwentine für Betrachter sichtbar.
Landschaftlich und verkehrsberuhigt empfehlenswert sind die Wege vom Freibad Bornhöved über Altekoppel, Stolpe, Depenau, Löptin und Postfeld bis nach Preetz (über den Kleinbahndamm). Nach der Erneuerung der maroden Brücke an der Depenauer Mühle führt ein Wanderweg wieder zur Eichenallee Richtung Diekhof. Die Ausschilderung der Radwege ist vorbildlich und lässt kaum Irritationen zu. Der Radweg an der L 67 aus Ascheberg endet an der Abzweigung zum Gut Horst und sollte bis Depenau weitergeführt werden, um diese Lücke im Radwegenetz zu schließen. Kurz vor der Einmündung in den Postsee kreuzt der Fluss den alten Kirchsteig von Postfeld nach Preetz, der in früheren Zeiten über eine Brücke führte. Heute ist eine Umrundung des südlichen Postsees nur auf der Landstraße über Kührenerbrücke möglich, die keinen Fuß- und Radweg hat.
Die Anzahl der Landgaststätten ist weiterhin rückläufig, und Einkaufsmöglichkeiten für Radfahrer, Wanderer und Kanuten entlang der beschriebenen Strecken sind kaum vorhanden, sodass diesbezüglich Ausflüge und Touren vorgeplant werden müssen.
Mit Austritt aus dem Schmalensee verlässt die Alte Schwentine den Kreis Segeberg und verbleibt auf ihrem Weg zur Mündung im Kreis Plön. Dabei durchläuft sie die Ämter Bokhorst-Wankendorf und Preetz-Land sowie die Stadt Preetz. Diese sind Mitglieder der AktivRegion Schwentine – Holsteinsche Schweiz, die im Rahmen des „Zukunftsprogramm Ländlicher Raum“ Projekte fördert, mit denen das Leben auf dem Lande attraktiv und zukunftsfähig gestaltet werden soll. Die ländlichen Strukturen und die faszinierende Landschaft bieten Möglichkeiten der Wertschöpfung über mittelständische Wirtschaft und Landwirtschaft hinaus. Mit der vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft verfügt die Region über ein Potenzial, das letztlich seinen Bewohnern Zukunftsperspektiven vermitteln kann.
Eine Identifizierung mit der Region Alte Schwentine durch die betroffenen Gemeinden und ihre Bewohner kann ein Verständnis für sanften Tourismus entwickeln, um das Kapital dieser Landschaft zu erhalten und zu nutzen.
Die Alte Schwentine durchläuft von der Quelle bei Bornhöved über das Wankendorfer Seengebiet und den Postsee bis zur Mündung in Preetz eine zusammenhängende kulturhistorische Landschaft, deren Liebreiz dem der Holsteinischen Schweiz nicht nachsteht und den es zu entdecken gilt.
Die Autoren Theresia Künstler (61), Stolpe und Gerd Dreßler (67), Preetz engagieren sich kommunalpolitisch im Naturschutz und werben für sanften Tourismus in der Region.