Die Silberhochzeit auf Gut Depenau 1907
Rudolf und Lili Hammerschmidt hatten beschlossen, das Fest der Silberhochzeit auf dem Landsitz in Depenau mit dem gesamten Gutspersonal, den Angestellten und Arbeitern, deren Frauen und Kindern zu feiern. Es wurde ein großartiges Fest, das sich über zwei Tage hinzog.
Alle beteiligten sich an den Vorbereitungen. Da die Tage im Juni mild und trocken waren, deckte man im Freien an der Rückseite des Schlosses auf einer großen Wiese. Es wurden drei große Tafeln mit je 35 Plätzen in Hufeisenform aufgestellt. Der freie Platz in der Mitte war mit Holzbohlen ausgelegt und diente als Tanzplatz.
Über 100 Personen waren anwesend. Unter der bewährten Regie vom finnischen Hausmädchen Jenny Martinson, das in der Familie lebte, und der Frau des Verwalters, des Küchenpersonals vom Gutshof und den besten Köchinnen unter den Arbeiterfrauen kam ein rustikales, bäuerliches Festessen auf den Tisch, das gut und reichlich war, von allen gelobt und mit viel köstlichem Bier frisch vom Fass genossen wurde. Lili brauchte sich um nichts zu kümmern.
Aus den mannigfaltigen Festreden klang Zufriedenheit und Dankbarkeit. Die Leute auf dem Gut schienen sich wohl zu fühlen, denn die sozialen Verhältnisse waren gut. Rudolf Hammerschmidt hat stets ein Herz für sozial Schwache gezeigt, sowohl in seinen Fabriken in Russland als auch hier auf seinem Gut.
Nach dem Essen überraschten die Kinder der einklassigen Schule die Gäste mit Gedichten und Flötenspiel, die ihr Lehrer Schmidt mit ihnen eingeübt hatte. Lili wurde mit Blumen überreich beschenkt, sowohl mit kostbaren Blumen aus der Gärtnerei als auch mit bunten Wiesensträußen, die von den Kindern selbst gepflückt und gebunden worden waren.
Am Nachmittag spielte die aus Wankendorf herüber gekommene Dorfkapelle zum Tanz auf. Die Musik brachte die Silberhochzeitsgäste erneut in fröhliche Stimmung, aber erst nachdem Rudolf und Lili den Tanz eröffnet hatten, trauten sich auch die anderen auf die Tanzfläche.
Das Wetter an diesem schönen Junitag war wie bestellt: Ein wolkenloser blauer Himmel wölbte sich über dem grünen Land, eine milde Sonne strahlte auf die fröhliche Gesellschaft, die wohl bestellten Felder und die schwarz-weiß gefleckten Kühe, die sich im nachmittäglichen Schatten der Bäume niedergelassen hatten.
Am späten Nachmittag lösten sich die Tafelrunden auf. Jeder defilierte am Silberbrautpaar vorbei, bedankte sich für das wundervolle Fest und wünschte Glück für die nächsten 25 Jahre bis zur Goldenen Hochzeit.
Auszug aus:
Ursula Salentin und Lieselotte Hammerschmidt
Chronik der Villa Hammerschmidt und ihrer Bewohner
Bastei Lübbe