Matthias Stührwoldt: Vorglühen

Ich hab im Januar Geburtstag, und ich hab das früher immer zu gern gefeiert. Also richtig gefeiert. Kein langweiliges Sit-in mit Sabbeln oder gar ein Teeabend mit parfümiertem Tee – nee, ich hab es immer richtig krachen lassen. Der ganze erste Stock unseres Bauernhauses wurde ausgeräumt, die große Anlage reingestellt, und dann aber Tanzen, nicht mit Anfassen, nein, wild und schnell und laut musste es sein. Für meine Eltern war das nie ein Problem. Ohnehin hatten sie nie ein Problem damit, wenn ich Besuch bekam. Sie selbst hatten auch oft Besuch. Die Tür bei uns im Haus war immer offen. Eine Zeitlang wurde unsere Küche zum Treffpunkt meiner Clique. Jeden Freitag- und Samstagabend, bevor wir zur Disco oder zum Grillfest fuhren, trafen wir uns in der Küche, rund um den großen Küchentisch, zum Vorglühen. Über Jahre das Herzstück des Stührwoldtschen Bühnenprogramms, meist frei und auf Platt vorgetragen, jetzt zum ersten Mal auf Hochdeutsch niedergeschrieben – eine Erzählung von bäuerlicher Identität in Zeiten des Heranwachsens auf einem Milchviehbetrieb in Schleswig-Holstein. Dazu die gesammelten Kolumnen aus der „Bauernstimme“ und ein wenig Lyrik, frisch vom Hof.

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