Die Stolper Ziegelei
Im März 1910 verkaufte der Hufner H. Theden auf Missenkamp eine Koppel an Nicolaus Tietje, der hier eine Ziegelei anlegte. Sie lag in der Nähe des im Bau befindlichen Bahnhofs Stolpe. Ebenfalls hier entstanden die Wohnhäuser des Zimmermanns Tietgen und des Gemeindevorstehers Suhr.
Die Ziegelei wechselte den Besitzer. Neuer Besitzer war Herr Adolf Gerdes. Teilhaber waren gleichzeitig die Herren M. Kelling aus Kiel und Dr. von Mantey, ein früherer Regierungsrat aus Frankfurt/Oder.
Die Ziegelei wurde vergrößert und war trotz der schwierigen Verhältnisse in vollem Gange. Gleichzeitig gliederten die Herren ein Holz- und Baumaterialiengeschäft an.
1928 ging die Gerdesche Ziegelei Konkurs. Adolf Gerdes ließ sich in Bornhöved nieder.
Die Ziegelei wurde 1928 an den Kaufmann Johannes Busse verkauft.
Das zur Ziegelei gehörende Wohnhaus wurde an Feuerwehrmann Norberg aus Kiel verkauft. 1930 verkaufte es der nun pensionierte Schuldiener Norberg an Obersekretär Schwabe.
In der Blütezeit der Stolper Ziegelei wurden 2,3 Millionen Steine von 33 Mann hergestellt, allerdings mit Hilfe von Maschinen. Trotz der guten Auslastung und Verkehrslage war die Ziegelei nie wirklich rentabel.
Mit Eröffnung der Kleinbahnstrecke Kiel – Segeberg im Jahr 1911 konnten Ziegel und Tonwaren aus Stolpe direkt per Bahn in die aufstrebende Marinestadt Kiel transportiert werden. Dabei war besonders die Nähe der Ziegelei zum Kleinbahnhof Stolpe mit einer Gleisanbindung zur Ziegelei von Vorteil. Da der Bahnhof keine Rampe besaß, mussten die Waggons in der Ziegelei beladen werden. Über ein Anschlussgleis wurden die beladenen Waggons auf dem Bahnhof an die Züge angekoppelt.
Im Gebäude der Ziegelei lebten die Ziegeleiarbeiter. Der Ziegeleibesitzer Busse wohnte im sog. Bussehaus, auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs. Vor dem Haus war früher eine große Fuhrwerkswaage. Im weißen Steinhaus (früher Sdorra) war das Büro der Ziegelei.
In die Werkstatt von Ingenieur Holst wurde Material zur Reparatur gebracht. Der Kuhstall des Gutes Depenau wurde 1942 nach dem Luftangriff auf Gut Depenau mit Steinen der Stolper Ziegelei wieder aufgebaut.
Während der Zeit des 2. Weltkrieges war in der Stolper Ziegelei ein Kriegsgefangenenarbeitskommando zur Zwangsarbeit eingesetzt. Sie waren in einem Steingebäude untergebracht, das noch heute steht. Die Belegung belief sich auf ca. 70 Mann, gemäß Original-Abrechnung von Johannes Busse. Sie wurden von der Wehrmacht streng bewacht. Die Kriegsgefangenen stammten vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion. Niemand durfte zu den Gefangenen Kontakt aufnehmen. Diese Informationen beruhen auf dem Service des Victimes de la Guerre (Büro der Kriegsopfer) in Brüssel. Beim Angriff englischer Militärflugzeuge am 21. April 1944 auf den Kleinbahnhof Stolpe wurde einer oder drei der russischen Kriegsgefangenen getötet.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Ziegelei für die Gewinnung von Steinen für den Bau der Siedlung „Rethplacken“ in Wankendorf genutzt. Schließlich lohnte der Betrieb nicht mehr und wurde eingestellt. Am 1. April 1968 wurde der Schornstein, das Wahrzeichen Stolpes, gesprengt.