Das Kriegsende in Stolpe
aus der Schulchronik
Ungeregelter Rückzug der deutschen Truppen
Ende April (1945) kamen Soldaten in unsere Dörfer, auch nach Stolpe. In die Schule zog ein Zug einer Luftnachrichtenbauabteilung, zu Willi Brauer rund 30 Mann vom Grenzschutz, zu Hans Böttiger und Franz Steinfeldt 10 – 15 Polizeioffiziere, nach dem „Pfeifenkopf“ mehrere Nächte Infanterie, nach dem Kielerkamp eine Schwadron einer Fahrabteilung. Zum Teil blieben die Soldaten nur einige Nächte, zum Teil blieben sie länger. Zu diesen Gruppen kamen viele einzelne Angehörige der Wehrmacht, die zu Fuß, mit Rädern oder Handwagen aller Art versuchten, sich und ihre Habe in Sicherheit zu bringen. Gehöfte, die an einer Hauptrückzugsstraße lagen, waren überlaufen. Man bat um Essen, Trinken, Handwagen, Zivilkleidung. Vielen Soldaten konnte geholfen werden. Je mehr der Krieg sich dem Ende näherte, desto größer und regelloser wurde der Strom der Flüchtenden. Uniformstücke, Ausrüstungsgegenstände, Waffen, Munition wurden weggeworfen. Wenig vorsichtig machte es der Grenzschutz, der Waffen und Munition an den See oder in das flache Wasser warf. Polizei und Luftnachrichtensoldaten sorgten dafür, dass die Gegenstände in die Tiefe des Sees kamen.
Schüler von Tellermine zerrissen
Auf dem und an dem Weg vom Kielerkamp nach Nettelau lagen Tellerminen. Schuljungen fanden einige. Ein Junge – Hans-Werner Sievers – trat auf eine (Tellermine) und wurde nach einigen Sekunden von der Mine zerrissen, Erwin und Erich Bichel wurden mehr oder weniger schwer verletzt.
Selbstmord eines Hauptfeldwebels in der Stolper Schule
Der Hauptfeldwebel der Luftnachrichtentruppe konnte sich anscheinend mit dem Gedanken der Kapitulation nicht abfinden. Er jagte sich in der 3. Klasse eine Kugel durch den Kopf; auf dem Transport nach Neumünster starb er.
Die Engländer rücken in Stolpe ein
Viel Aufregung gab es, als die ersten „feindlichen“ Truppen, Engländer, zu uns kamen. Zu Kampfhandlungen kam es bei uns nicht. Deutsche Soldaten rückten ab, und Engländer besetzten die Ortschaften. Auf dem Bahnhof wurden die vier Häuser Hagemann, Schlüter, Klüber und Holm beschlagnahmt.
Englische Schwimm-Panzer auf dem Stolper See
Der See bot ein ungewohntes Bild: Landungsboote, Segel-, Motor-, Ruderboote belebten ihn. Am See war bis an die „Sperrzeit“ heran Betrieb.
Die Befreiung der Zwangsarbeiter
Um „Fremdvölkische“ (Fremdarbeiter) aufzunehmen, musste Holms Gehöft geräumt werden, nur einige Nächte diente es durchziehenden Russen als Lager.
Mit der Kapitulation stellten die meisten „Fremdvölkischen“ (Fremdarbeiter) die Arbeit ein, die beiden Franzosen bei Willi Brauer und Franz Steinfeldt hielten am längsten aus. Erst als ihre Kameraden sie zwangen, blieben auch sie weg.
P.S.
Der Bericht stammt vom damaligen Schulleiter Heinrich Poehls. Er musste anschließend mehrere Jahre zur Entnazifizierung in der Land- und Forstwirtschaft arbeiten.
Die Überschriften, Anführungszeichen und Erläuterungen in Klammern stammen von Th. Künstler.