Johann Kunckel von Löwenstern (1635 – 1703)

Johann Kunckel von Löwenstern verbrachte seine Jugendjahre auf der Glashütte Depenau

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Johannes Kunckel von Löwenstern

Der Urgroßvater von Johann Kunckel war Franz Kunckel, ein Glashüttenmeister aus Wengelbach bei Nieste in Nordhessen. Er siedelte 1574 mit sechs seiner Gesellen um nach Holstein, weil ihn Herzog Adolf I. von Schleswig-Holstein-Gottorf (1526 – 1586) berief, um hier ab 1575 eine Glashütte zu betreiben. Dessen Sohn Jürgen I wurde um 1600 als Glashüttenmeister im Gut Depenau benannt. Sein Sohn, Jürgen II Kunckel, war in erster Ehe mit Anna Seelke verheiratet, mit der er 7 bekannte Kinder hatte. Als Anna Seelke 1629 auf Gut Rixdorf verstarb, kaufte ihr Ehemann eine Grabplatte in der Kirchenvorhalle der Lebrader Kirche. Im folgenden Jahr heiratete er Judith Wortmann aus Lübeck. Sie gebar ihm weitere drei Kinder: Bernhard, Dorothea und Johann, wahrscheinlich 1635 auf der Glashütte Ascheberg. Schon 1635 verstarb auch Judith, vielleicht im Kindbett. Ihre Mutter Engel Wortmann hatte weiterhin eine wichtige Stellung in der Glashütte ihres Schwiegersohnes als Glasführerin. Johanns Stiefmutter, die dritte Frau von Jürgen II, war Anna Stein.

Jürgen II Kunckel war Glashüttenmeister auf Gut Rixdorf von 1623 – 1628, von 1631 bis 1635 auf der Wittenberger Glashütte und von 1635 bis 1642 auf der Ascheberger Glashütte. Am 17. März dessselben Jahres wechselte er als Glashüttenmeister auf die Glashütte des Gutes Depenau. Von hier belieferte er ebenso wie von den anderen Glashütten den Hof des Herzogs Friedrich III. von Schleswig-Holstein-Gottorf in Schleswig. Er belieferte den Hof, sowie das Laboratorium des Herzogs und die Zuckerbäckerei von dessen Ehefrau Maria Elisabeth von Sachsen.

1643 gab es die letzte Lieferung von Jürgen II Kunckel an den Gottorfschen Hof. Die weiteren Lieferungen nach Gottorf führte bis 1652 seine resolute Schwiegermutter Engel Wortmann durch, die schon recht betagt war. 1653 und 1654 wurde sie vom Glashändler Peter Wiandt begleitet, bis auch sie verstarb. Peter Wiandt lieferte die Waren der Glashütte Depenau, die sicher schon von einem Sohn aus erster Ehe geführt wurde, bis 1658 aus. Als Herzog Friedrich III. bei einem Feldzug 1659 in Tönning verstarb, hörten die Lieferungen der holsteinischen Glashütten an den Hof in Gottorf auf.

Johann Kunckel berichtete in einem seiner Werke, er habe die Glasmacherkunst von seinem Vater gelernt. Die Kinder des Glashüttenmeisters Kunckel erhielten eine gute schulische Ausbildung durch einen eigenen Lehrer, denn die Glashüttenmeister selbst waren angesehene und wohlhabende Leute auf den Gütern.

Anfang der 1650er Jahre begann Johann Kunckel mit ca. 18 Jahren, beeindruckt vom Laboratorium des Gottorfer Herzogs, eine Ausbildung zum Apotheker in Hamburg. Davor hatte er in seiner Glasmacher-Familie auf Gut Depenau eine solide Ausbildung zum Glasmachen erhalten. 1658 ging er nach erfolgreicher Ausbildung als Kammerdiener und Chemicus an den Hof des Herzogs Franz Carl von Sachsen – Lauenburg (1591 – 1660) auf Schloss Neuhaus. Hier machte er alchimistische Experimente und widmete sich der Metallurgie. Nach dessen Tod fand er zugleich Anstellung bei dessen Bruder Herzog Julius Heinrich von Sachsen – Lauenburg (1586-1566)  auf Schloss Schlackenwerth.

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Julius Heinrich von Sachsen – Lauenburg

Jedoch schon 1662 heiratete Johann Kunckel in Hamburg Susanne Maria Hilcke. Sie bekamen zwischen 1663 und 1680 sieben Kinder: Johann Georg (schwedischer Bergkommissar), Christian Albrecht (Verwalter der brandenburgischen Kunstkammer, ging später nach Kopenhagen), Enoch Friedrich (als Säugling gestorben), Maria Eleonora (oo 1705, +1712), Christian (Glashüttenmeister in Baruth), Friedrich Wilhelm und Wilhelm Siegmund.

1663 versuchte Johann Kunckel in Eckernförde eine Apotheke zu erwerben, was jedoch aus finanziellen Gründen scheiterte. Er bewegte sich in den folgenden Jahren in Hamburg und Holstein und trat 1665-66 eine Reise an, unter anderem in die Niederlande, wo er den Glasofenbau und die venezianisch-niederländische Glasmacherkunst kennen lernte.

1668 wurde Johann Kunckel in die Residenz des Kurfürsten Johann Georg II.  von Sachsen (1613-1680) nach Dresden berufen. Hier sollte er sich vor allem mit der Herstellung von Gold beschäftigen. Nach Querelen am Hof siedelte er mit seinen Versuchen in das Laboratorium in Annaburg in der Nähe von Wittenberg, um. Hierhin holte er seinen älteren Bruder Bernhard, der als Laborant diente. Es war eine sehr produktive Zeit. 1676 rief ihn der Kurfürst an die Universität Wittenberg, wo er, der niemals eine akademische Ausbildung erhalten hatte, lehrte. Die Lehre geschah immer mehr zu seinem Verdruss, es war seine Sache nicht. Daher kam es ihm gut an, dass er 1678 an den Hof des Großen Kurfürsten von Brandenburg, Friedrich Wilhelm (1620-1688), gerufen wurde. Hier begann seine produktivste und wirtschaftlich einträglichste Zeit. Von 1679 bis 1692 war er Pächter der Drewitzer Glashütte in Potsdam.

Ars Vitraria experimentalis
Ars Vitraria experimentalis – Titelblatt

Hier gab er 1679 sein erstes Werk „Ars virtraria experimentalis“ heraus, ein umfassendes Werk über die Glasmacherkunst, das eineinhalb Jahrhunderte Bestand hatte. 1680 verstarb seine erste Frau Susanne Maria im Kindbett. Noch im selben Jahr ehelichte er Anna de Neve, die ihm weitere 5 Kinder schenkte, von denen nur eines, Dorothea Elisabeth, das Erwachsenenalter erreichte. 1681 schenkte ihm der Große Kurfürst ein großes Haus in Berlin in der Klosterstraße.

 

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Der Kunckelstein_auf der Pfaueninsel

1685 kam es zur Schenkung der Pfaueninsel, auf der Johann Kunckel ein Laboratorium errichtete. Niemand seiner Gesellen durfte wegen der Geheimhaltung die Pfaueninsel verlassen, nur Johann Kunckel und der Große Kurfürst selbst, der großes Interesse an den Arbeiten seines Zöglings zeigte. Hier gelang ihm die Herstellung des Goldrubinglases in exzellenter Qualität und auch Quantität.

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1194 – Goldrubinglas von Johann Kunckels Glashütte

Als der Große Kurfürst 1688 starb, fiel Johann Kunckel in Ungnade. Der neue Kurfürst Friedrich III. stellte finanzielle Forderungen an ihn. 1689 brannte sein Laboratorium auf der Pfaueninsel durch Brandstiftung ab. 1692 verlor er die Pacht der Drewitzer Glashütte. Er musste sein Haus in Berlin verkaufen und befand sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

So kam es gerade recht, dass ihn der schwedische König Karl XI. (1655-1697) nach Stockholm berief. Er machte ihn zum schwedischen Bergrat. Sein ältester Sohn Johann Georg war bereits schwedischer Bergkommissar. Der König brauchte seine metallurgischen Kenntnisse für die Kupferherstellung in Falun. Und er erhob ihn 1693 in den schwedischen erblichen Adelsstand: Johann Kunckel von Löwenstern. Er war jedoch nicht erfolgreich genug. Zu wenig Geld und zu wenig Zeit blieben ihm für die Lösung der großen Probleme des Kupferbergbaus auf zwei Reisen. 1694 tauschte Johann Kunckel von Löwenstern in Sachsen sein Gut Kladow mit Sandwerder und Pfaueninsel gegen das kleine Gut Dreißighufen nördlich von Berlin. Hier fand er mit seiner Familie einen Ruhepunkt, wenngleich er sich weiter seinen Studien, wieder verstärkt der Alchimie, widmete. Für eine dritte Reise nach Schweden fühlte sich Johann Kunckel von Löwenstern zu krank und zu schwach. Am 20. März 1703 verstarb er auf einer Fahrt in der Nähe zu seinem Gut.

Seine Frau Anna behielt das Gut Dreißighufen bis zum Jahreswechsel 1705/06. Dann kaufte sie ein Haus in Berlin und blieb dort bis zu ihrem Tod am 26. November 1709.

 

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